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Am Vorabend des Welt-Aids-Tages. Aktivisten in Kathmandu entzünden Kerzen in Form der symbolischen roten Schleife.

© AFP / Prakash Mathema

Welt-Aids-Tag: Wir müssen HIV und Corona gemeinsam bekämpfen

Weltweite Solidarität ist unser ureigenes Interesse. Ein Gastbeitrag des Bundesministers für Entwicklung zum Welt-Aids-Tag.

Der CSU-Politiker Gerd Müller ist seit Dezember 2013 Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklunng.

Heute, am Welt-AidsTag, sind 38 Millionen Menschen auf eine lebensrettende HIV-Behandlung angewiesen. Mittlerweile gibt es Medikamente, um ein erfülltes, langes Leben führen zu können. Vor 20 Jahren waren die Aussichten düsterer: „Ein Großteil einer ganzen Generation droht auszusterben“, hieß es. Man fragte: „Führt Aids den Zusammenbruch ganzer Staaten herbei?“. Die Aids-Krise erreichte damals mit 1,7 Millionen Toten ihren Höhepunkt. Zum Glück sind die Prognosen nicht eingetroffen. Die Zahl der Todesfälle ging massiv zurück – um über 50 Prozent.

Wie kam es dazu? Ein Grund war, dass Länder wie Deutschland und Frankreich mehr in globale Gesundheit und internationale Organisationen investierten, die lebenswichtige Medikamente entwickeln und sie zu den ärmsten Menschen bringen. Allen voran in den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria. Zwar gab es schon davor Therapien. Doch diese waren für die meisten unbezahlbar und unerreichbar. Jetzt wurden Gelder gebündelt, Rabatte ausgehandelt und Versorgungsketten bis in entlegenste Regionen aufgebaut. 20 Millionen Menschen konnten so behandelt werden.

Solche Erfolge machen Mut, auch im Kampf gegen Covid-19. Sie zeigen aber klar: Wir müssen entschlossen weltweit handeln und international eng zusammenarbeiten, denn schon vor Corona ging das internationale Engagement zurück.

Zusammenbruch der Versorgungsketten

Zwölf Millionen Menschen warten noch immer auf eine HIV-Behandlung, vor allem in Entwicklungsländern. 690000 Menschen starben allein im letzten Jahr an den Folgen von Aids. Die Corona-Krise verschärft die Lage massiv und wirft den Kampf gegen Aids um Jahre zurück: Durch Lockdowns sind Versorgungsketten zusammengebrochen, Medikamente kommen nicht mehr an, Therapien werden unterbrochen.

Die oft ohnehin schwachen Gesundheitssysteme sind bis an die Grenzen ausgelastet. In Malawi gibt es nur 100 Intensivbetten für 18 Millionen Menschen. Ausgangssperren haben nach Angaben der Vereinten Nationen zu einem Anstieg von häuslicher und sexueller Gewalt geführt, in deren Folge auch HIV-Infektionen steigen. Insgesamt könnte es aufgrund der Coronakrise so 150000 zusätzliche Todesfälle durch Aids geben.

Experten schätzen, dass insgesamt mehr Menschen an den Folgen der Corona-Pandemie sterben als am Virus selbst. Deutschland verstärkt daher den Kampf gegen Aids und andere globale Infektionskrankheiten wie Tuberkulose und Malaria mit 150 Millionen Euro. Die Mittel kommen aus unserem weltweiten Corona-Sofortprogramm. Deutschland geht hier als eines der wenigen Länder in Europa voran. Dafür bin ich dankbar. In Panama werden etwa Hauslieferungen von antiretroviralen Therapien für Menschen mit HIV organisiert. Therapien werden so fortgesetzt und es kommt nicht zu Menschenansammlungen an Abholpunkten.

Amazon sollte das Impfprogramm unterstützen

40 Jahre Kampf gegen Aids zeigen uns: Um Covid-19 einzudämmen, müssen wir die Verteilung von Impfstoffen konsequent angehen. Bis jetzt sind die Verteilungsprogramme aber massiv unterfinanziert, und es konnten keine Kaufverträge für Impfdosen für Entwicklungsländer abgeschlossen werden. Dass jedes Land sich so viele Corona-Impfdosen wie möglich sichern möchte, ist nachvollziehbar. Dabei darf die Solidarität aber nicht auf der Strecke bleiben.

[Verfolgen Sie in unseren Liveblogs die aktuellen Entwicklungen zum Coronavirus in Berlin und zum Coronavirus in Deutschland und der Welt.]

Alle Industriestaaten, auch die USA, sind aufgerufen, sich an der Finanzierung weltweiter Impfprogramme zu beteiligen. Genauso Unternehmen, die in der Corona-Krise besonders profitieren wie Amazon, oder Impfstoffhersteller, die günstige Preise für Entwicklungsländer ermöglichen können.

Es liegt in unserem eigenen Interesse, Covid-19 zu bekämpfen. Sonst kommt es immer wieder zu uns zurück. Als Exportnation ist Deutschland besonders international vernetzt. Es wäre falsch zu glauben, wir seien sicher in Europa, wenn wir Medikamente und Impfstoffe haben. Aids, Corona und andere Krankheiten besiegen wir nur weltweit oder gar nicht.

Gerd Müller

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