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Politik: Welteke geht – im Zorn

Bundesbankchef tritt wegen der Adlon-Affäre nun doch zurück und greift die Regierung an / Neue Vorwürfe

Frankfurt (Main)/Berlin (ce/uwe/ro). Der wegen eines von der Dresdner Bank bezahlten Hotelaufenthalts in die Kritik geratene Bundesbankpräsident Ernst Welteke ist am Freitag zurückgetreten. Das teilte die Bundesbank in Frankfurt am Main mit. Welteke zog damit die Konsequenz aus dem wachsenden Druck auch seitens der Bundesregierung, sein Amt abzugeben. Der Vorstand der Bundesbank teilte mit, das Gremium halte „diesen Schritt im Hinblick auf das Ansehen der Institution und die Wahrnehmung ihrer Aufgaben für angemessen“. Das Bundesfinanzministerium begrüßte den Rücktritt. Der 61jährige Welteke hatte die Bundesbank seit September 1999 geführt.

In der Erklärung der Bundesbank hieß es, Welteke habe selbst um seine Entlassung gebeten und auch Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) davon unterrichtet. In Berlin hieß es, es gebe neue Vorwürfe gegen Welteke, die nicht hätten entkräftet werden können. Welteke soll eine Einladung von BMW zur Formel 1 nach Monte Carlo angenommen haben. BMW habe die Einladung bestätigt, meldete das ARD-Hauptstadtstudio. Da BMW wie andere Autofirmen auch eine Bank betreibe, falle dieser Teil des Unternehmens unter die Aufsicht der Bundesbank.

In der Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums hieß es: „Angesichts der bereits bekannten und neuer Vorwürfe handelt es sich um eine angemessene Entscheidung, die das Ansehen sowohl der Institution Bundesbank als auch des Amtes des Bundesbankpräsidenten bewahrt.“ Am Donnerstag hatte Finanzminister Hans Eichel (SPD) Weltekes Verhalten als „nicht hinnehmbar“ kritisiert und indirekt den Rücktritt gefordert. Die Union verlangte einen Untersuchungsausschuss. Hans Welteke, der Sohn des Bundesbankpräsidenten, erhob nach Angaben der „Bild“ in einem offenen Brief schwere Vorwürfe gegen Eichel. Er warf dem Finanzminister eine Intrige gegen seinen Vater vor.

Welteke war zum Jahreswechsel 2001/2002 anlässlich der Euro-Einführung zu Terminen nach Berlin gereist. Den viertägigen Aufenthalt im Hotel Adlon für ihn und seine Familie bezahlte die Dresdner Bank, die Kosten beliefen sich auf 7660 Euro. Einen Teil davon erstattete Welteke nachträglich. Nachdem die Staatsanwaltschaft vorige Woche Ermittlungen wegen Vorteilsannahme eingeleitet hatte, ließ Welteke auf Anraten des Bundesbankvorstands sein Amt ruhen.

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Joachim Poß bezeichnete den Rücktritt als „notwendigen Schritt, um das Vertrauen in die Institution Bundesbank wieder herzustellen. Dem Tagesspiegel sagte er: „Der Schritt kam noch rechtzeitig.“ Es wäre aber verfrüht, jetzt schon über einen Nachfolger zu spekulieren. „Die Nachfolge kann in aller Ruhe und in geordneter Weise in den nächsten Tagen geklärt werden.“ Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Michael Rogowski, begrüßte die Entscheidung. Dem Tagesspiegel sagte er: „Herrn Weltekes Entscheidung ist richtig. Bei Führungskräften der Wirtschaft gelten nicht nur juristische Regeln, sondern auch ethische, wie sie im Begriff des ehrbaren Kaufmanns anklingen.“

Als möglicher neuer Bundesbankchef wurde Wirtschaftsstaatssekretär Alfred Tacke gehandelt. Auf ihn hätten sich Schröder und Eichel bereits verständigt, berichtete „Focus Online“. In Regierungskreisen hieß es aber auch, Finanzstaatssekretär Caio Koch-Weser und Bundesbank-Vizechef Jürgen Stark, der zurzeit die Amtsgeschäfte führt, seien Kandidaten für die Nachfolge. Die Bundesregierung will im Interesse des Rufs der Bundesbank einen offenen Machtkampf um die Welteke-Nachfolge vermeiden, wie der Tagesspiegel aus Regierungskreisen erfuhr. Der CDU-Haushaltspolitiker Dietrich Austermann sprach sich für Stark aus.

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