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Welternährungsgipfel: "Die Zeit des Redens ist vorbei"

Im Kampf gegen die dramatische Hungerkrise hat am Dienstag der Welternährungsgipfel in Rom seine Arbeit aufgenommen. War in den UN-Milleniumszielen noch eine Halbierung der weltweit Hungernden auf 400 Millionen vorgesehen, könnten nun schon bald eine Milliarde Menschen unterernährt sein.

Mit Aufrufen zum raschen Handeln gegen die verschärfte Nahrungsmittelkrise ist der Welternährungsgipfel am Dienstag in Rom eröffnet worden. Der italienische Staatspräsident Giorgio Napolitano forderte zum Auftakt der dreitägigen Beratungen angesichts der dramatischen Ernährungskrise "eine koordinierte weltweite Politik". Die Entwicklung treffe vor allem arme Länder, inzwischen sei fast eine Milliarde Menschen unterernährt.

Die UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) will auf der Konferenz Wege aus der Krise suchen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat Staats- und Regierungschefs von mehr als 40 Ländern dafür nach Rom gebeten. Ursache für die Preissteigerungen bei Lebensmitteln sind unter anderem die Verwendung von Getreide zur Produktion von Bio-Kraftstoff, die steigende Lebensmittelnachfrage durch die wachsende Weltbevölkerung sowie Flut- und Dürrekatastrophen infolge des Klimawandels. Weltweit liegt die Lebensmittelpreisinflation im ersten Vierteljahr 2008 auf 53 Prozent. Schon im vergangenen Jahr mussten die Entwicklungsländer 13 Prozent mehr Geld als im Vorjahr für Lebensmittelimporte ausgeben, 2008 werden die Kosten voraussichtlich noch einmal um 33 Prozent steigen.

Ban rief die Teilnehmer auf, die "historische Gelegenheit" für eine "Wiederbelebung der Landwirtschaft" zu nutzen. Seine Forderungen:

  • Nahrungsmittelpolitik darf nicht zu Verarmung führen
  • Die weltweite Lebensmittelsicherheit muss auf lange Sicht gestärkt werden
  • Die Staaten müssen mehr verbindliche finanzielle Unterstützung leisten und keine Hilfe in Form von Krediten
  • Die Lebensmittelproduktion muss bis zum Jahr 2030 verdoppelt werden, um den weltweiten Bedarf zu decken.

Ban forderte zudem eine Einigung beim Thema Biokraftstoffe, die wegen der dafür verwendeten Anbauflächen als eine der Ursachen für die Lebensmittelknappheit gelten. "Die Zeit des Redens ist vorbei, jetzt ist die Zeit zu handeln", sagte FAO-Generaldirektor Jacques Diouf. Leider reagiere die internationale Gemeinschaft nur dann, "wenn die Medien das schmerzvolle Spektakel der Leiden der Welt in die Häuser der wohlhabenden Länder übertragen." Mutige Entscheidungen seien notwendig, um eine gefährliche Entwicklung der Krise zu vermeiden.

Welthungerhilfe: Landwirtschaft fördern

Die Deutsche Welthungerhilfe fordert im Kampf gegen die Hungerkrise eine stärkere Förderung der Landwirtschaft in Entwicklungsländern. Um die Auswirkungen auf die Entwicklungsländer zu verringern, müssten Fördermittel erhöht und langfristig eingesetzt werden, forderte die Organisation im Vorfeld der FAO-Konferenz. "Untersuchungen haben gezeigt, dass Investitionen in die ländliche Infrastruktur, die Verbreitung von Produktinnovationen wie besseres Saatgut und die nationale Agrarforschung große Auswirkungen haben - allerdings nicht über Nacht", sagte der Generalsekretär der Organisation, Hans-Joachim Preuß.

Doch auch Soforthilfe ist in vielen Ländern nötig. So fordert die Hilfsorganisation Oxfam einen internationalen Nothilfeplan für 53 besonders betroffene Länder. Der finanzielle Bedarf für diese Maßnahmen beläuft sich nach Schätzungen von Oxfam auf 14,5 Milliarden Dollar (9,3 Milliarden Euro).

Prominente Teilnehmer

An dem Treffen nehmen für Deutschland Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), sowie die Staatssekretäre des Verbraucherschutzministeriums, Gerd Müller und Gert Lindemann, teil. Außerdem werden die Staats- und Regierungschefs aus zahlreichen Ländern erwartet, unter anderem der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, der französische Präsident Nicolas Sarkozy sowie der iranische Staatschef Mahmud Ahmadinedschad. Auch Weltbank-Präsident Robert Zoellick und IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn wollen teilnehmen.

Zu Beginn des Gipfels sorgte die Teilnahme von Simbwabwes Präsident Robert Mugabe für Verstimmung. "Ich finde das schon sehr zynisch, dass jemand, der in seinem Land die Menschen in den Hunger und das Land in den Ruin getrieben hat, es wagt, bei einer solchen Konferenz aufzutauchen", sagte Wieczorek-Zeul (SPD) im ZDF.  Und die britische Regierung prüft, ob sie den autokratischen Herrscher aus dem Ritterstand ausschließt. Mugabe war 1994 unter der Regierung von Premierminister John Major in den Ritterstand erhoben worden. (küs/dpa/AFP)

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