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Weltfinanzgipfel: Russland will nicht nur Händeschütteln

Präsident Medwedew fordert einen konkreten Handlungsplan. Die Wirtschaft des Landes leidet vor allem unter fallenden Energiepreisen.

Die internationale Gemeinschaft beginne zu begreifen, dass globale Probleme nicht länger einzeln gelöst werden können. Gefragt seien kollektive Entscheidungen und Aktivitäten. So steht es in einer Presseerklärung der Kremladministration zum Weltfinanzgipfel in Washington. Sein Land, so Dmitri Medwedew, der direkt vom Russland-EU-Gipfel in Nizza über den Großen Teich jettete, werde sich aktiv in das Krisenmanagement einklinken und in allen Arbeitsgruppen, die der Gipfel einsetzen will. „Wir brauchen in Washington nicht nur ein Händeschütteln, wir brauchen einen Handlungsplan“, verkündete Medwedew vor seinem Abflug nach Washington und verlangte eine „angemessene Antwort auf die Probleme der Weltwirtschaft“. Russlands Präsident sprach sich zudem für einen weiteren G-20-Gipfel in 100 Tagen aus.

Trotz Differenzen zu fast allen Essentials der internationalen Politik zwischen Russland und dem Westen drängt vor allem Moskau beim Krisenmanagement auf gemeinsame Lösungen und auf Tempo. Zum einen, weil in Russland momentan gleich zwei negative Trends voll durchschlagen. Durch sinkende Nachfrage bei Rohstoffen sinkt auch der Marktwert von Öl- und Metallkonzernen. Diese haben für Kredite meist eigene Aktien verpfändet und müssen daher ständig neue Sicherheiten nachschießen. Das Überangebot reißt den Markt immer weiter nach unten.

Fallende Ölpreise stärken zudem den Dollar, Importe werden dadurch unbezahlbar. Für Russland eine Katastrophe: Weil Landwirtschaft und verarbeitende Industrie während des Energiebooms durch die Raster fielen, importieren Supermärkte selbst im tiefsten Sibirien Milch aus Europa und Kochtöpfe aus China.

Liquiditäts- wie Währungskrise und damit auch Pleiten und Massenentlassungen, warnen hiesige Experten, würden Ende Februar ihren Höhepunkt erreichen. Ähnliches, teilweise noch Schlimmeres, droht auch anderen Ex- Sowjetrepubliken. Um gemeinsames Krisenmanagement ging es daher bereits Ende Oktober in Kasachstans Hauptstadt Astana beim Gipfel der im Westen nach wie vor weit unter Wert gehandelten Schanghai-Organisation für Zusammenarbeit. Ihr gehören mit Russland, China und Indien als Beobachter immerhin drei der vier BRIC-Staaten (neben Brasilien) und damit der sich am schnellsten entwickelnden Neuen Märkte an.

Die Schanghai-Organisation – insgesamt elf Staaten mit einer Gesamtbevölkerung von 2,8 Milliarden Menschen, die bereits ein Zehntel der Weltwirtschaftsleistung erbringen – will künftig die Tätigkeit der nationalen Finanzaufsichtsbehörden koordinieren und gemeinsam Analysen und Prognosen für internationale makroökonomische Prozesse erstellen. Geplant ist auch die gemeinsame Förderung von Handel und Investitionen. Auch soll ein gemeinsamer Energiemarkt die Interessen von Rohstofflieferanten, Konsumenten und Transitländern harmonisieren. China und Kasachstan drängen zudem auf Tempo bei einem gemeinsamen Transportkorridor, der ihnen besseren Zugang zum westeuropäischen Markt eröffnen soll.

Einige der in Astana beschlossenen Maßnahmen sind auch in einem Positionspapier enthalten, das Russland noch vor Beginn des Gipfels allen Teilnehmern zugehen ließ. Medwedew will in Washington auch konkrete Vorschläge für gemeinsame Maßnahmen zur Bekämpfung von Lebensmittelknappheit, für die Sicherheit von Investitionen und für Klimaschutz unterbreiten.

Verantwortung und Pflichten, heißt es weiter in dem Dokument, müssten künftig gerechter zwischen den Akteuren der Globalisierung verteilt werden. Diese dürfe auch die gegenwärtig existierende Vielfalt der Entwicklungsmodelle nicht infrage stellen.

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