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Der Klimawandel ist eine Schicksalsfrage für die Menschheit, sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel.

© Getty Images/iStockphoto

Weltklimakonferenz in Bonn: Wer die Welt rettet

Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnet den Klimawandel als Schicksalsfrage für die Menschheit. Wie weit sind die Klimaverhandlungen in Bonn? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Die Klimaverhandlungen in Bonn sind eineinhalb Wochen nach ihrem Beginn in ihre entscheidende Phase gegangen. Die wichtige Ausarbeitung eines Regelbuches ist beendet, am Mittwoch begannen die Gespräche auf Ministerebene. Sie sollen sich um die Themen kümmern, bei denen die Verhandler nicht weiter kommen. Zudem sprachen Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Staatspräsident Emmanuel Macron über ihre klimapolitischen Ziele. Hoffnungen der Umweltverbänden, dass Merkel konkrete Ansagen zum Kohleausstieg machen würde, wurden enttäuscht.

Was hat Angela Merkel gesagt?

Die Rede der Kanzlerin wurde in Bonn mit großer Spannung erwartet. Gemessen daran blieb sie vage. Merkel kündigte lediglich an, dass sich Deutschland bei der Einhaltung der Klimaziele an die Arbeit mache. „Der Klimawandel ist die zentrale Herausforderung, vor der die Welt nun steht“, sagte die Kanzlerin. Die Staatengemeinschaft stehe zu Paris. Die Europäische Union habe sich Klimaziele bis 2030 gesetzt, die sie einhalte werde, und dazu werde auch Deutschland seinen Beitrag leisten. Zu diesem Beitrag fehle bisher noch „ein gutes Stück“, sagte Merkel.

Sie teilte der Weltgemeinschaft auch mit, dass genau die Frage, wie Deutschland die Klimaziele schaffen könnte, derzeit ein zentraler Knackpunkt in den Sondierungen sei. Man dürfe aber davon ausgehen, dass in den kommenden Tagen dazu eine konkrete Strategie vorgelegt werde. Auch die Braunkohle werde einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Es sei aber auch zu beachten, dass an ihr Arbeitsplätze hängen würden. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte, dass das Pariser Abkommen dann ein Durchbruch sei, wenn jetzt Taten folgten. Von Rückschlägen dürfe man sich dabei nicht aufhalten lassen. „Die internationale Politik – wie übrigens auch das Klima – ist ein schwerfälliger Tanker, vor allem, wenn er einmal richtig in Fahrt gekommen ist“, sagte Steinmeier.

Welche Reaktionen gab es auf die Rede der Bundeskanzlerin?

Deutsche Klima- und Umweltverbände zeigten sich angesichts der Rede Merkels enttäuscht. „Es reicht einfach nicht, die deutschen Klimaziele zu bekräftigen und ansonsten lediglich auf die Schwierigkeiten bei der Umsetzung zu verweisen“, sagte Jan Kowalzig von Oxfam, „für die ärmsten und vom Klimawandel existenziell bedrohten Länder muss diese Botschaft ausgerechnet vom Gastgeber der Weltklimakonferenz wie Hohn klingen“. Ann-Kathrin Schneider, BUND-Klimaexpertin, kritisierte, dass Merkel sich in ihrer Rede auf der Weltklimakonferenz um konkrete Aussagen zum Kohleausstieg gedrückt habe. „Sie hat kein Ausstiegsdatum für die klimaschädliche Kohle in Deutschland genannt, keine Anzahl von abzuschaltenden Kraftwerken erwähnt und auch sonst nur Allgemeinplätze von sich gegeben.“

Ähnlich äußerten sich auch internationale Klimaschützer. „Angela Merkel hat ihre Chance verpasst, ihre Führungsqualitäten im Klimawandel zu zeigen. Ein UN-Klimagipfel im eigenen Land war der perfekte Ort, um Kohle zu vergraben und das Datum festzulegen, an dem Deutschland den schmutzigsten fossilen Brennstoff auslaufen lassen würde“, sagte Mohamed Adow, Geschäftsführer der christlichen Klimaschutzorganisation International Climate Lead.

Was will der französische Staatspräsident Emmanuel Macron?

Im Unterschied zu Merkel war Macrons Rede vollgepackt mit konkreten Vorschlägen, wie Klimaschutz in Europa umgesetzt werden sollte. Wie bereits in seiner Rede zur Lage Europas, nannte er die Einführung eines europäischen Mindestpreises von 30 Euro pro Tonne CO2 als eine zentrale Maßnahme. Macron sagte auch, er werde bis 2021 alle Kohlekraftwerke im Land schließen. Dieser Abschied fällt Frankreich natürlich leicht: Kohle macht nur drei Prozent im Energiemix Frankreichs aus.

Was fordern die Umweltverbände?

Die Umweltverbände wollen in erster Linie, dass Deutschland seine Klimaziele 2020 einhält. Um das zu erreichen, sei eine jährliche Einsparung von mehr als 150 Millionen Tonnen klimaschädlichem Kohlenstoffdioxid notwendig. „Die Wahrheit ist, dass es ohne einen Kohleausstieg nicht gehen wird“, sagte Sweelin Heuss von Greenpeace in einer Pressekonferenz auf der Weltklimakonferenz in Bonn. Der Kohleausstieg sei der kosteneffizienteste und schnellste Weg, CO2-Emissionen zu reduzieren.

Wie ein Kohleausstieg in Deutschland gelingen kann, hat die Allianz in ihrem „Klimaschutz-Sofortprogramm“ dargelegt. In Bonn bekräftigten sie nun erneut die Notwendigkeit, dieses Programm umzusetzen. Bis 2020 müsse sich die installierte Leistung aus Kohlekraftwerken auf 20 Gigawatt reduzieren, so steht es im Papier. Nach dem bisherigen Szenario bliebe doppelt so viel am Netz. „Das ist zu viel“, sagte Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe.

Michael Schäfer, Leiter Energie und Klima beim WWF, wies darauf hin, dass in Europa der Abschied von der Kohle längst begonnen habe. „Großbritannien, Frankreich und die Niederlande haben den Kohleausstieg auf den Weg gebracht, während Deutschlands CO2-Ausstoß seit acht Jahren nicht mehr sinkt.“

Wie weit sind die Verhandler in Bonn?

Auf die Arbeit der Unterhändler hatte der Auftritt der Regierungschefs kaum Auswirkungen. Schon zuvor war eines der zentralen Themen der Klimaverhandlungen, die Ausarbeitung des Regelbuches, beendet. Es handelt sich erst einmal nur um Textentwürfe. „Sie sind sehr detailliert, ich brauche Fachleute, damit ich sie verstehe“, sagte der scheidende Staatssekretär im Umweltministerium, Jochen Flasbarth. Im fertigen Regelbuch soll es später einzelne Kapitel geben zu den wichtigsten Fragen. Vor allem zu der transparenten Messung von CO2-Emissionen durch die Staaten. „Zu entscheiden ist nun, wie genau nächstes Jahr an den Textentwürfen weiter gearbeitet werden soll“, sagt Jan Kowalzig von Oxfam. Darunter würde auch die Frage fallen, ob die einzelnen Themenblöcke noch zusätzliche Verhandlungsrunden brauchen.

Energie kostet die Verhandler die Auseinandersetzung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. In erster Linie geht es darum, dass die Entwicklungsländer noch einmal detailliert über die Klimaschutzbeiträge sprechen möchten, die die Industriestaaten bis 2020 zugesagt haben. Im Konflikt wollen die Lager Bonn aber nicht verlassen.

Als Lösung zeichnet sich ab, dass in den zwei kommenden Jahren in einer Art runden Tisch thematisiert wird, inwieweit die Industrieländer ihren Verpflichtungen nachkommen. „Das ist eine gute Gelegenheit, die Unzulänglichkeit der Beiträge der Industrieländer zu thematisieren, sowohl beim Klimaschutz als auch beim der Unterstützung der armen Länder“, sagt Kowalzig. In diesem Zusammenhang steht auch die Frage, wie sich der „Talanoa-Dialog“ entwickeln wird. Dieses Dialogformat soll künftig die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen der Weltgemeinschaft einbinden.

Ungeklärt ist die Frage, wie und wann der Anpassungsfonds aus dem Kyoto-Protokoll ins Pariser Abkommen hinüber gerettet wird. Die Entwicklungsländer fordern das, die Industrieländer möchten vorher einige technische und politische Fragen klären. Beobachtern zufolge wollen sie etwa verhindern, dass eine Art Automatismus entsteht, dass die Industrieländer regelmäßig in den Fonds einzahlen müssten.

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