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Weißer Rauch - schadet auch.

© dpa

Weltnichtrauchertag: Deutschland schützt seine Raucher

Der Nichtraucherschutz ist ein ambitionslos verfolgtes Projekt. Viel wichtiger: die Interessen der rauchenden Minderheit. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ariane Bemmer

Aus den Boxen dröhnen Pet Shop Boys und Kim Wilde, und auf der Tanzfläche wird geraucht. Was aussieht wie ein Discoabend in den 1980er Jahren, findet in Berlin 2018 statt – und ignoriert lässig und unbeeindruckt die seit 2007 mal mehr, mal weniger geltenden Bestimmungen des Nichtraucherschutzgesetzes. Das ist schlecht für die Nichtraucher, aber kaum verwunderlich.

Zum Weltnichtrauchertag an diesem Donnerstag lässt sich über Deutschland sagen, dass der Nichtraucherschutz ein ziemlich ambitionslos betriebenes Projekt ist. Das zeigt sich an der Unwilligkeit der Bundesregierung, Tabakreklame zu verbieten, weshalb Deutschland längst das einzige EU-Land ist, in dem immer noch Plakatwände und Litfaßsäulen mit riesengroßen Rauchempfehlungen zu sehen sind.

Und das zeigt sich auch am Regelungswirrwarr in Ländern und Kommunen. Mal darf man in Kneipen rauchen, mal nur, wenn sie kleiner als soundsoviel Quadratmeter sind, mal ist Rauchen auf Kinderspielplätzen verboten, mal nicht. Motto: Ausnahmen bilden die Regel. Was zu dem absurden Eindruck führt, dass die Erlasser der Nichtraucherschutzgesetze deren Konsequenzen eigentlich unzumutbar finden.

Dabei wäre eine klare Haltung gegen das Rauchen richtig und wichtig, und die zu haben und zu verteidigen ist – anders als etwa in vielen anderen Punkten auf der politischen Agenda von Bund und Ländern – überhaupt nicht schwer. Rauchen ist eine schlechte Angewohnheit. Nichts daran ist förderungswürdig oder schützenswert. Es schadet, es verursacht Krebs, es tötet.

Das steht groß auf jeder einzelnen Packung und wird auch von Rauchern nicht angezweifelt. Und doch werden die Interessen der rauchenden Minderheit gegen die der nicht rauchenden Mehrheit verteidigt. Warum eigentlich?

Frankreich plant die Kippensteuer, eine gute Idee!

Rauchen lohnt sich nicht mal unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten, wenn man die bei Fragen der Gesundheit anlegen wollte. Den Einnahmen aus der Tabaksteuer, die sich 2017 auf rund 14,4 Milliarden Euro beliefen, stehen hohe Kosten im Gesundheitswesen gegenüber.

Das Deutsche Krebsforschungszentrum hat vor drei Jahren Zahlen präsentiert, nach denen die direkten und indirekten Kosten des Tabakkonsums mit knapp 80 Milliarden Euro pro Jahr zu Buche schlagen. Dass Raucher wegen ihres früheren Todes die Rentenkassen entlasten würden, stimme auch nicht, teilte das Krebsforschungszentrum damals ebenfalls mit.

Sie stürben zwar früher, zahlten bis dahin aber wegen ihrer Rauchergebrechen weniger ein. Auch die auf die Straßen geschnippten Kippen kosten. Weil sie, wenn sie in die Kanalisation gespült werden, Filter- und Kläranlagen verstopfen oder Flüsse und Seen verschmutzen.

In Frankreich will Präsident Emmanuel Macron die Tabakindustrie dafür mit einer „Kippensteuer“ zur Kasse bitten. Ganz anders marschiert die Regierung in Österreich: Die Rechtskoalition milderte als eine ihrer ersten Amtshandlungen das geplante Rauchverbot deutlich ab. Was ist nachahmenswerter?

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