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Weniger ist mehr: Energieeffizienz macht zehn Akws überflüssig

Zehn Atomkraftwerke ließen sich ohne ein einziges Ersatzkraftwerk stilllegen, wenn Deutschland seine Energie effizient verwenden würde. Zu diesem Schluss kommt die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff).

Das Wuppertal Institut hat für diese Effizienz-Lobby, die erst Ende des vergangenen Jahres gegründet wurde, ausgerechnet, dass abgesehen von zehn Atomkraftwerken auch noch neun weitere Großkraftwerke entbehrlich wären. Die Volkswirtschaft müsste 19,3 Milliarden Euro im Jahr für Energie ausgeben und könnte mit der Effizienzpolitik bis 2020 knapp 500 000 neue Jobs schaffen. Dem stünden 11,8 Milliarden zusätzlicher Investitionen im Jahr gegenüber, von denen nach Einschätzung von Deneff knapp sieben Milliarden aus öffentlichen Mitteln kommen müssten.

Die Ethik-Kommission hatte in ihrem Abschlussbericht darauf hingewiesen, dass das Effizienzpotenzial der privaten Haushalte auf 60 Prozent geschätzt wird. Mit anderen Worten: Mit 40 Prozent des bisherigen Energieverbrauchs könnten private Haushalte ihre Wohnungen heizen, das Duschwasser erwärmen, ihre Kühlschränke, Fernseher oder Computer betreiben, wenn ihre Häuser gedämmt und ihre Geräte effizient wären.

Christoph von Speßhardt, stellvertretender Vorsitzender von Deneff, findet mit Blick auf die Effizienzpläne der Bundesregierung, dass die Unternehmensinitiative mit ihren Vorschlägen durchaus „auf Gehör gestoßen“ ist. Allerdings sind aus Sicht des Geschäftsführenden Vorstands Christian Noll auch noch viele Fragen offen. Vor allem die der Finanzierung. Aus dem Gesetzentwurf für den „Energie- und Klimafonds“ geht hervor, dass sie erst von 2013 an auf halbwegs soliden Füßen stehen wird. Die Regierung plant, die Energiewende nahezu komplett aus dem Haushalt auszulagern und dafür das Geld zu verwenden, das durch die Versteigerung von Kohlendioxid-Zertifikaten im europäischen Emissionshandel erzielt wird. Von 2013 an werden das mehrere Milliarden Euro im Jahr sein, weil von da an alle Stromkonzerne Zertifikate ersteigern müssen.

Bisher müssen sie lediglich einen kleinen Teil ihrer Emissionsberechtigungen kaufen. Deshalb hatte die Regierung im vergangenen Herbst geplant, zumindest ein paar Millionen Euro von den Energiekonzernen als Preis für die Laufzeitverlängerung für die Atomkraftwerke einzufordern. Diese Mittel fallen nun weg.

Neben dem Gebäudesanierungsprogramm, dessen Aufkommen künftig stabil bei 1,5 Milliarden Euro im Jahr liegen soll, soll nun auch der Effizienzfonds starten, der schon Bestandteil des Energiekonzepts im vergangenen Herbst war. Er ist Teil des Eckpunktepapiers Energieeffizienz, das am Montag vom Kabinett beschlossen werden soll. In dem Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt, heißt es, dass künftig insbesondere der Bund mit seinen öffentlichen Gebäuden eine Vorbildfunktion einnehmen solle. Außerdem sollen die Vergabeordnungen und Beschaffungsrichtlinien so geändert werden, dass energieeffiziente Produkte nicht mehr deshalb ausgeschlossen werden, weil sie zunächst mehr kosten als Energieverschwender.

Außerdem denkt die Regierung nun doch darüber nach, Energiemanagementsysteme für die Industrie einzuführen. Zudem denkt die Regierung über sogenannte weiße Zertifikate nach, das sind Einsparverpflichtungen von Energieanbietern, die auch handelbar sein sollen, ähnlich wie im Emissionshandel. Das ist derzeit jedoch nur ein Prüfauftrag, der frühestens in fünf Jahren in ein Gesetz einfließen könnte.

Noll und Speßhardt halten es zwar für richtig, dass die KfW-Förderung zur Gebäudesanierung endlich verstetigt werden soll. Deren Mittel lagen zuletzt bei kaum noch wahrnehmbaren 50 Millionen Euro. Doch Deneff hält eine Fördersumme von mindestens zwei Milliarden Euro für notwendig, um die Sanierungsquote von derzeit etwa einem Prozent auf zwei Prozent der Wohnungen pro Jahr zu erhöhen. Das sei zumindest dann nötig, „wenn man ordnungsrechtlich nichts machen möchte“, sagt Speßhardt.

Ordnungsrechtlich vorzugehen hieße für Speßhardt, verbindlich Energieeffizienz vorzuschreiben, nicht nur für Neu-, sondern auch für Altbauten. Die Bundesregierung will als weiteren Sanierungsanreiz eine Sonderabschreibungsmöglichkeit wieder einführen, mit der Vermieter im Sanierungsfall Steuern sparen könnten. Ein ähnlicher Paragraf war nach der Wiedervereinigung eingeführt worden, um in Ostdeutschland eine schnelle Sanierung des Gebäudebestands zu ermöglichen. Noll hält es für wichtig, dass auch für private Bauherren über eine steuerliche Förderung nachgedacht wird, ähnlich wie die Absetzbarkeit von Handwerkerleistungen. Allerdings dürfe diese Steuervergünstigung nur gewährt werden, wenn zumindest die KfW-Sanierungskriterien eingehalten und testiert werden, schlägt Deneff vor.

Speßhardt wünscht sich zur Hebung der Effizienzpotenziale in der Wirtschaft zudem mehr Regulierung auch dort. Er denkt zum Beispiel an Effizienzvorgaben für Elektromotoren, die in der Industrie den meisten Strom verbrauchen, meistens keinen Vorschriften folgen müssen und deshalb extrem ineffizient. Aber auch die Vorgabe, dass Rohre gedämmt werden müssen, könnte beträchtliche Mengen Energie sparen. Davon steht in den Effizienz-Eckpunkten der Regierung allerdings bisher nichts.

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