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Politik: Wenn die Seele streikt

Von Ruth Ciesinger Der Leistungsdruck wächst und der Stress steigt, besonders bei Schülern und Berufsanfängern. Darüber haben Psychologen und Soziologen in letzter Zeit viel zu erzählen gewusst.

Von Ruth Ciesinger

Der Leistungsdruck wächst und der Stress steigt, besonders bei Schülern und Berufsanfängern. Darüber haben Psychologen und Soziologen in letzter Zeit viel zu erzählen gewusst. Jetzt zeigt der Gesundheitsreport der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK): Auch die Zahl der psychischen Erkrankungen ist in den vergangenen Jahren in die Höhe geschnellt. Insgesamt veränderte sich der Krankenstand im Vergleich zu 2001 kaum. Die Zahl der Tage, an denen es Menschen wegen Depression oder Angstzuständen nicht zur Arbeit schafften, ist zwischen 1997 und 2001 jedoch um 51 Prozent gestiegen.

Am schlechtesten geht es Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Bei den Mitgliedern zwischen 15 und 29 Jahren weist nach dem DAK-Report die Häufigkeit der Fälle sogar „ein überproportionales und alarmierendes Wachstum zwischen 70 und 90 Prozent auf“. „Der Grad an Überforderung ist gewachsen“, stellt DAK-Vorstandsvorsitzender Eckhard Schupeta fest. Besonders bei denen, die sich neu im Beruf behaupten müssten. Er warf den Arbeitgebern vor, den Druck zu wenig durch mehr Teamarbeit oder präventive Kurse aufzufangen.

Eine auf den ersten Blick erstaunliche Entwicklung: Mehr Frauen leiden an Depressionen oder neurotischen Störungen als Männer. Bei den 20- bis 24-Jährigen ist das besonders eklatant. In dieser Altersgruppe stieg bei den Frauen die Zahl der Fälle um 90 Prozent, bei den Männern waren es um die 70. Grund dafür könnte aber auch sein, dass in den vergangenen Jahren die Sensibilität für dieses Thema an sich gestiegen ist, „und Frauen ehrlicher zu sich selbst sind“, sagt Schupeta. Männer würden „eher den starken Kerl markieren“. Statt professionelle Hilfe zu suchen, flüchteten sie sich oft in den Alkohol.

Das Problem der psychischen Erkrankungen ist offensichtlich ein internationales Phänomen. Die Weltgesundheitsorganisation hat bereits in einem Bericht aus dem Jahr 2000 einen drastischen Anstieg dieser Krankheiten prognostiziert. Auf „die künftige Herausforderung im Gesundheitswesen“ müsse jetzt reagiert werden, fordert Hans-Dieter Nolting vom Institut für Gesundheit und Sozialforschung. Unter anderem seien Behandlungsleitlinien für Hausärzte nötig. Diese würden psychische Erkrankungen oft nicht erkennen und zu spät an Spezialisten weiterleiten. Doch auch Mediziner sind vor Depressionen nicht gefeit: Spitzenreiter bei den psychischen Erkrankungen ist die Gesundheitsbranche. Krankenschwestern, Pfleger, Krankenhausärzte – sie alle sind besonders anfällig für das so genannte „Burn-Out-Syndrom“.

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