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Politik: Wenn zwei das gleiche tun . . .kommt etwas anderes dabei heraus - NATO im Kosovo, Russen im Kaukasus (Kommentar)

Wieder fallen Bomben, sendet das Fernsehen Bilder von Uniformierten mit Zeigestöcken, die auf unscharfen Satellitenfotos demonstrieren, welche Ziele getroffen wurden. Nur die Aufnahmen von den toten oder verstümmelten Menschen, von brennenden Häusern, Zügen und Bussen fehlen diesmal - sowie der Aufschrei der Öffentlichkeit: über die unschuldigen Opfer sowie das zweifelhafte Völkerrechts-Mandat.

Wieder fallen Bomben, sendet das Fernsehen Bilder von Uniformierten mit Zeigestöcken, die auf unscharfen Satellitenfotos demonstrieren, welche Ziele getroffen wurden. Nur die Aufnahmen von den toten oder verstümmelten Menschen, von brennenden Häusern, Zügen und Bussen fehlen diesmal - sowie der Aufschrei der Öffentlichkeit: über die unschuldigen Opfer sowie das zweifelhafte Völkerrechts-Mandat.

In Tschetschenien versucht Russland zu beweisen, dass es schon lange kann, was der Nato im Kosovo nur mit Mühe gelang: einen militärisch weit unterlegenen Gegner allein mit Bombenschlägen zur politischen Kapitulation zu zwingen. Rechtfertigung und Inszenierung folgen bewusst dem Vorbild. Die Luftangriffe seien "begrenzt", es gehe um den Schutz elementarer Menschenrechte - nämlich der Russen, die von Terroranschlägen islamischer Rebellen auf Wohnhäuser bedroht sind. Von den Rechten der Tschetschenen ist keine Rede. Aus Fehlern der Allianz scheint Moskau lernen zu wollen. Es schließt den Einsatz von Bodentruppen nicht aus, hat diese sogar bereits im Kaukasus aufmarschieren lassen. Der Westen macht gute Miene zum bösen Spiel, als müsse er sich dafür erkenntlich zeigen, dass Russland der Kosovo-Intervention nicht mehr Widerstand entgegensetzte.

Doch die Parallele kommt rasch ans Ende. Russlands Streitkräfte machen wenig Unterschied zwischen "zivilen" und militärischen Zielen. Ganze Städte und Dörfer werden systematisch zerstört, nicht nur Brücken, Flughäfen, Kasernen. Eine Debatte, ob die Ausschaltung von Kraftwerken zulässig sei, weil damit auch Krankenhäusern der Strom abgedreht werde, sucht man vergebens. In den Nato-Staaten entzogen wenige Bomben-Fehlwürfe der Allianz allmählich die Zustimmung der Gesellschaft. In Russland gibt es keine Öffentlichkeit, vor der sich die Militärs für Kollateralschäden rechtfertigen müssten.

Rücksichtslosigkeit gilt als Beleg einer notwendigen Entschlossenheit. Aber ist diese brutale Kriegsführung, die sich westliche Demokratien zu Recht verbieten, ein Zeichen der Stärke? Im Kaukasus kann Moskau damit nicht siegreich sein. Die Nato hatte im Kosovo konkrete Ziele: die serbischen Truppen, ihre Panzer und Geschütze. Russland bekämpft im Kaukasus bewegliche Partisanengrüppchen mit tragbaren Waffen in einem Gelände, das weit ungünstiger ist. Eben weil die Streitkräfte dabei keine durchschlagenden Erfolge erzielen können, legen sie Gemeinden und die im letzten Tschetschenienkrieg verschonte oder wiederaufgebaute Infrastruktur in Schutt und Asche, um den Gegner, dem militärisch kaum beizukommen ist, zu demoralisieren. Doch mit dieser Politik der verbrannten Erde treibt Moskau nur immer mehr Kaukasus-Bewohner in die Arme der Rebellen.

Wie im Kosovo hätte nur eine politische Lösung vor dem Krieg die Provinz im Staat halten können. Im Kaukasus wird die Bilanz niederdrückender sein. Zurück bleibt, was Moskau bekämpfen wollte: eine Brutstätte für Fundamentalismus und Terrorismus.

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