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Politik: Wer Angela Merkel bei der Revolution helfen muss - und wer es will (Kommentar)

Wir sind doch hier nicht in China, hat der alte Bernhard Vogel gesagt. Wir haben keine Kulturrevolution, hat er noch rasch hinzugefügt.

Wir sind doch hier nicht in China, hat der alte Bernhard Vogel gesagt. Wir haben keine Kulturrevolution, hat er noch rasch hinzugefügt. Schade, eigentlich. Denn die bisherige Unkultur der CDU, sich durch jeden möglichen Proporz - Mann/Frau, Ost/West/Nord/Süd, jung/alt, Parteivereinigung/Landesverband - abzusichern, anstatt Demokratie zuzulassen, könnte einen Umsturz vertragen. Vielleicht würden dann die Strukturen des Mao Tse Kohl bröckeln.

Also Angela Merkel. Nach dem Statut braucht sie vier Stellvertreter. Niemand fragt mehr, warum das so bleiben muss - vielleicht, weil die CDU demnächst hier die Geschlechter quotieren will? Besser wäre diese Idee: die Stellvertreter wirklich an Fachgebiete zu binden, Fachpolitiker mit der Führung im jeweiligen Bereich zu betrauen. Einen Generalisten mit dem Spezialgebiet Machterhalt gab es an der Spitze lange genug, diese Art Generalisten gibt es in der CDU überhaupt genug. Doch Allgemeinkompetenz erwirbt man über Fachkompetenz.

Annette Schavan aus Baden-Württemberg, zuständig für Bildung und Wissenschaft beispielsweise. Oder - für eine wirklich fundierte Sozialpolitik - Regina Görner, eine aus Merkels Jahrgang, die früher DGB-Vorstandsmitglied war, stellvertretende CDA-Bundesvorsitzende und jetzt Sozialministerin im Saarland ist. Dazu zwei Männer, einer für den Bereich Wirtschaft und Finanzen, Fraktionschef Friedrich Merz, der nächste für Außen- und Sicherheitspolitik, Volker Rühe. Auf seinem Fachgebiet ist er gut. Diese Zusammenstellung ergäbe Sinn, und das wäre so gesehen auch schon wieder ziemlich revolutionär für die CDU: dass es nicht allein darum geht, ein Kräfteparallelogramm im Gleichgewicht zu halten, sondern um die Sammlung aller Kräfte. Und das braucht die CDU nun gerade dringend. Merkel braucht ja nicht nur Fans.

Aber braucht sie überhaupt vier Stellvertreter? Drei täten es auch: für Geist, Soziales und Finanzen. Annette Schavan, Görner oder Peter Müller, ihr Chef im Saarland, und einer, der sich auch um die Binnen-Finanzen kümmern, den Sanierer beaufsichtigen müsste. Also einer wie Merz. Und kein Rühe. Der könnte, wenn er sich klüger verhalten hätte, längst der einzige Kandidat für den Generalsekretär sein, der Müntefering der CDU. Aber weil er so ist, wie er ist, steht Rühe sich selbst im Weg.

Womit wir bei Christian Wulff wären: Ein politisches Talent, nur leider kann er nicht Ministerpräsident werden. Erst Gerhard Schröder, jetzt Sigmar Gabriel - mit dessen Berufung ist Wulff um zwanzig Jahre gealtert. Er kann auch nicht Generalsekretär werden; jedenfalls dann nicht, wenn er weiter Parteivize werden will. Günther Oettinger will auch nicht Generalsekretär, sondern lieber Ministerpräsident in Baden-Württemberg werden.

Drei starke Stellvertreter und ein Generalsekretär. Wie der beschaffen sein muss? Unter Kohl musste er der Geist sein, unter Wolfgang Schäuble Herz und Seele. Unter Merkel? Das muss jemand sein, der aus der Tiefe der Partei kommt, sie weit gefächert kennt, der beide, Merkel und die Partei, aufeinander abstimmen kann und selber nicht durch allzu großen politischen Ehrgeiz gefährlich wird. Nein, nicht Willi Hausmann, der Bundesgeschäftsführer. Der kennt die Partei nicht gut genug, außerdem muss er - wie früher Peter Radunski - durch Organisation Kampagnenfähigkeit schaffen. Deshalb entweder ein Bundestagsabgeordneter. Oder ein Fachmann für alles aus den Ländern.

So könnte es aussehen, wenn es sachlich zuginge. Fehlt da noch jemand? Ach ja: Jürgen Rüttgers, der späteste Freund von Angela Merkel. Der verliert seine Wahl in Nordrhein-Westfalen zu spät, sechs Wochen nach dem Parteitag der CDU. Solange kann die Revolution nicht warten.

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