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Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) macht schlechte Arbeitsbedingungen für Personalmangel in der Pflege verantwortlich.

© Michael Kappeler/dpa

„Wer arbeitet, muss zur Mitte gehören“: Heil will Mindestlohn von 12 Euro schneller erreichen

„Für harte Arbeit wird immer noch zu wenig Lohn gezahlt“, sagt Bundesarbeitsminister Heil in einem Interview. Eine schnellere Mindestlohnanhebung soll helfen.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will das Mindestlohngesetz ändern, um schneller einen Anstieg auf zwölf Euro zu erreichen. „Wert und Würde der Arbeit müssen künftig stärker berücksichtigt werden“, sagte Heil der „Bild am Sonntag“. Um „sehr viel schneller“ auf zwölf Euro zu kommen, wolle er ein zusätzliches Kriterium für die Mindestlohnfestlegung einführen.

Künftig solle der mittlere Lohn als Orientierungsgröße berücksichtigt werden. Die Mindestlohnentwicklung „hinkt der Lohnentwicklung hinterher“, sagte Heil. Aktuell komme jemand, der Vollzeit arbeite, mit Mindestlohn nur auf 46 Prozent des mittleren Lohns. „Damit über die Runden zu kommen ist verdammt hart“, betonte der SPD-Politiker.

„Ich will, dass 60 Prozent des mittleren Lohns als Ziel im Mindestlohngesetz verankert werden. Das würde aktuell zwölf Euro entsprechen.“ Höhere Löhne müssen laut Heil „eine Konsequenz der Corona-Krise sein“. „Wenn der Applaus für die Corona-Helden ohne Folgen bleibt, wird er lange zynisch in deren Köpfen nachhallen. Dann zerbricht etwas in unserer Gesellschaft.“

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Die geringe Entlohnung von Kassiererinnen und Krankenschwestern müssten „unserer Gesellschaft peinlich sein“, sagte Heil. „Für harte Arbeit wird immer noch zu wenig Lohn gezahlt. Wer arbeitet, muss aber zur Mitte gehören“, sagte Heil. Wenn keine vernünftigen Löhne gezahlt würden, „finden sich immer weniger Menschen, die diese oft körperlich anstrengende Arbeit machen“.

Gesetzesänderung für schnellere Mindestlohnerhöhung soll im Januar kommen

In der Pflege zeige sich, „dass schlechte Löhne und Arbeitsbedingungen zu einem gefährlichen Personalmangel führen“. Heil will die geplante Gesetzesänderung im Januar vorlegen. „Macht der Koalitionspartner bei der Umsetzung mit, wird die Mindestlohnkommission ab 2022 nach den geänderten Kriterien verhandeln. So können wir schneller auf zwölf Euro kommen.“

Der Mindestlohn von derzeit 9,35 Euro steigt zum 1. Januar 2021 auf 9,50 Euro. Danach soll er sich im Sechs-Monats-Rhythmus auf 9,60 Euro, auf 9,82 Euro und schließlich am 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro erhöhen.

Für Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) ist ein Mindestlohn von 12 Euro ein zentrales Anliegen seiner Partei.
Für Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) ist ein Mindestlohn von 12 Euro ein zentrales Anliegen seiner Partei.

© dpa/Kay Nietfeld

Fast sechs Jahre nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland zog Heil ein positives Fazit: „Rund vier Millionen Menschen haben dadurch bessere Löhne. Besonders hat er Menschen aus dem Friseurhandwerk, der Paketbranche oder Lagerarbeitern in unseren Supermärkten geholfen.“

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Die Stundenlöhne im unteren Bereich seien zwischen 2014 und 2016 um 6,5 Prozent gestiegen. Am Montag will der Minister die Evaluation des Mindestlohngesetzes vorstellen. Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hatte mit Blick auf die Bundestagswahl den Anstieg des Mindestlohns auf zwölf Euro als eines der zentralen Anliegen der Sozialdemokraten genannt.

Es müsse eine „starke Absicherung nach unten geben“, sagte Scholz am Samstag auf einer SPD-Veranstaltung. Seine Partei werde dafür sorgen, dass es etwa in der Pflegebranche, in den Krankenhäusern, im Einzelhandel oder in der Logistik sichere Arbeitsverträge und gute Löhne gebe. (AFP)

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