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Politik: Wer baut das Kosovo wieder auf?

Noch gehen die Bombenangriffe der Nato auf Serbien und das Kosovo in unverminderter Intensität weiter.Doch die Finanzminister der EU beraten bereits über ein Wiederaufbauprogramm für die Region, einen "Marshallplan" für den Balkan.

Noch gehen die Bombenangriffe der Nato auf Serbien und das Kosovo in unverminderter Intensität weiter.Doch die Finanzminister der EU beraten bereits über ein Wiederaufbauprogramm für die Region, einen "Marshallplan" für den Balkan.Das genaue Ausmaß der Zerstörungen mag heute noch niemand genau beziffern.Die EU-Kommission nannte einen Betrag von 30 Milliarden Mark.Allein für den Wiederaufbau des Kosovo würden über einen Zeitraum von drei Jahren bis zu 3,5 Milliarden Dollar benötigt, hieß es weiter.Straßen, Brücken und Häuser wurden zerbombt, Raffinierien und Chemiewerke, Stromleitungen, Telekommunikation und Kraftwerke müssen wieder aufgebaut werden.

Ein Aufbauprogramm in wesentlich kleinerem Maßstab läuft bereits in Bosnien.Die Experten der drei maßgebenden Geber - Weltbank, Osteuropabank und EU - rechnen mit einem Finanzbedarf von 5,1 Milliarden Mark für die nötigsten Aufbauprojekte zwischen 1996 und 1999.Schon kurz nach dem Abkommen von Dayton 1995 füllten sich die Hotels in Sarajevo mit Vertretern europäischer und amerikanischer Unternehmen, die sich Aufträge für den Wiederaufbau sichern wollten."Viele deutsche Firmen waren nicht genügend informiert, kamen zu spät und traten zu zögerlich auf", sagt Haro Eden von der Industrie- und Handelskammer Konstanz, der in Sarajevo im Oktober 1997 eine Delegation der deutschen Wirtschaft aufbaute."Die Schweden zum Beispiel hatten sehr schnell eine Handelsmission mit sechs Leuten in einer bevorzugten Gegend.Der frühere schwedische Ministerpräsident Carl Bildt hat sich dabei sehr für die Unternehmen seines Landes eingesetzt."

Ein ähnliches Engagement ihrer Regierung vermißt manche deutsche Firma."Viele Länder knüpfen an ihre Aufbauhilfen die Bedingung, daß Geld für ein Projekt nur dann fließt, wenn Firmen des Geberlandes auch den Auftrag dafür bekommen", sagte der Manager eines international tätigen deutschen Konzerns dem Tagesspiegel."Bei den Amerikanern zum Beispiel treten Politik und Wirtschaft gemeinsam auf." In Deutschland dagegen agierten Politik und Wirtschaft meist getrennt."Das ist für uns ein Wettbewerbsnachteil."

Siemens rechnet sich gute Chancen für Aufträge im Bereich Kraftwerke und Medizintechnik aus, wenn das Wiederaufbauprogramm beginnt.Man sei schließlich immer in diesen Ländern aktiv gewesen, und das Büro in Belgrad sei noch immer besetzt.Die deutsche Bauwirtschaft erwartet dagegen von den erforderlichen Wiederaufbaumaßnahmen keine besondere Konjunktur.Deutsche Unternehmen seien zwar für Ingenieur- und Managementleistungen gefragt, sagte Heiko Stiepelmann vom Hauptverband der deutschen Bauindustrie.Der Bau sei jedoch ein regionales Geschäft, die Arbeiten führten Subunternehmer vor Ort durch.Auch sei es unrentabel, Baustoffe quer durch Europa zu transportieren.Die rumänische Zementindustrie stelle sich schon auf verstärkte Nachfrage ein.Kurzfristig einsatzbereit ist auch die niedersächsische Firma Ela, die im Bedarfsfall winterfeste Containerwohnungen bereitstellen kann, sollten die Flüchtlinge bis zum Winter nicht in ihre Häuser zurückkehren können.Konkrete Aufträge gibt es aber noch nicht.

Wie umfangreich das Engagement europäischer Firmen auf dem Balkan sein wird, hängt nicht zuletzt von Milosevics Zukunft ab.Für den Analysten Heiko Bieneck vom Frankfurter Institut Independent Research steht zudem fest: "Aus politischen Gründen werden die deutschen Firmen vom Wiederaufbau nicht profitieren." Man erwarte, daß die Aufträge eher an Unternehmen aus der Schweiz vergeben werden, weil sich das Land im Konflikt neutral verhalten habe.

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