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Politik: Wer hat die Morde befohlen?

Ex-Staatsanwalt: Hintermänner in der DDR-Führung kaum zu kriegen

Von Matthias Schlegel

Der Fall des von DDR-Dienststellen offenbar mit gezielten Morden beauftragten Jürgen G. wirft neue Fragen auf, juristische wie historische. Christoph Schaefgen, Berliner Generalstaatsanwalt a.D., erkennt durchaus neue Qualitäten in diesem Fall. „Wenn nachgewiesen werden kann, dass dieser Mann oder andere Mitglieder eines Terrorkommandos im Auftrag der DDR Menschen umgebracht haben, dann wäre das ein toller Ermittlungserfolg. Es könnte damit bewiesen werden, mit welchen Mitteln das Ministerium für Staatssicherheit gearbeitet hat“, sagte Schaefgen dem Tagesspiegel.

Der frühere Staatsanwalt, der bis zu seinem Ausscheiden 1999 die Ermittlungen zur DDR-Regierungs- und Vereinigungskriminalität leitete, verweist aber zugleich darauf, dass hier keine neue Unrechtsgruppe entdeckt worden sei. Die Tatsache, dass Feinde des Regimes wie Fluchthelfer, übergelaufene Soldaten oder abtrünnige Funktionäre verfolgt wurden und dass Spitzen des DDR-Apparates in diese Planungen einbezogen waren, sei nichts Neues. „Das Thema Auftragsmorde haben wir in der Vergangenheit bereits beackert.“ Und es habe auch Prozesse dazu gegeben. Aber diese Verfahren hätten nicht die Dimension gehabt, um die es jetzt gehe, weil es keine Toten gab.

Schaefgen zweifelt, ob auch die Hintermänner belangt werden können. Dies setze voraus, dass der Auftrag mit Befehlsketten beurkundet worden wäre, was angesichts der vernichteten Akten der Stasi-Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) sehr schwierig werden dürfte.

Die Bundesanwaltschaft prüft nach einem Bericht der „Berliner Zeitung“ den Verdacht, dass das DDR-Mordkommando 1980 den ostdeutschen Finanzminister Siegfried Böhm und seine Frau getötet hat. Böhm habe sich Ende der 70er Jahre gegenüber einem Stasi-Verbindungsmann mehrfach kritisch über Politbüro-Entscheidungen zur Finanzpolitik geäußert und Kenntnis über illegale Währungstransfers gehabt.

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