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Politik: Wer wird da in die Luft gehen

Von Gerd Appenzeller

Wird jetzt alles gut? Findet die an Pannen reiche Planungsgeschichte des Flughafens Berlin Brandenburg International (BBI) doch noch ein erfreuliches Ende? Die Gegner des Projekts werden das vehement verneinen. Für sie sind sowohl der Standort Schönefeld selbst als auch die Dimension des ganzen Vorhabens Belege für eine größenwahnsinnige und menschenfeindliche Infrastrukturplanung. Es hat in Deutschland wohl noch keine Bürgerinitiative gegeben, die so wohl organisiert gegen ein Verkehrsvorhaben zu Felde gezogen ist. Können wir den gestrigen Planfeststellungsbeschluss also als folgenlosen Verwaltungsakt abhaken?

Wer heute sagt, so schlimm wird’s nicht kommen, sei gewarnt. Es findet sich in diesem Land kein Platz für einen Flughafen, der so menschenleer und so weit von jedem Schutzgebiet entfernt wäre, dass nicht ein Kläger dagegenspräche. Dass die SchönefeldGegner sagen, sie seien gegen diesen, nicht aber gegen jeden Flughafen, tröstet nicht. Dennoch, zwei Punkte stimmen hoffnungsvoll.

Die Bewilligungsbehörde hat, erstens, offenbar versucht, alle denkbaren Einwendungen von Anwohnern und Umweltschützern in den 1200 Seiten ihres Beschlusses zu berücksichtigen. Bei den Anforderungen an den Lärmschutz wurden Grenzwerte zu Grunde gelegt, die bisher erst in Referentenentwürfen stehen und noch nicht einmal Gesetz sind. Weil die Planungen insgesamt deutlich zurückgenommen wurden und eine der bisherigen Startbahnen weiter genutzt wird, können die Betreiber seriös von einem Ausbau eines bestehenden Flughafens sprechen und unterliegen nicht den strengeren Maßstäben, die an einen völlig neuen Landeplatz angelegt würden.

Und da ist, zum Zweiten, das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Bei Klagen gegen Infrastrukturvorhaben in den jungen Ländern ist es die einzige Instanz. Wenn die Richter dort, wohl in anderthalb Jahren, gesprochen haben, kann tatsächlich gebaut werden. Bis dahin wollen die künftigen Betreiber des Flughafens alle Baumaßnahmen zurückstellen, mit denen sie rein rechtlich bereits heute beginnen könnten. Aber so haben die Bürgerinitiativen vermutlich mit einem eventuellen Antrag auf einstweilige Anordnung gegen die Planfeststellung keine Chance. Es entsteht ja kein Schaden.

Die Zeit werden Berlin, Brandenburg und der Bund auch brauchen, um die Finanzierung von BBI zu sichern. Durch die vielen Auflagen beim Lärmschutz entstehen ganz erhebliche zusätzliche Kosten. Ob der neue Flughafen dadurch am Ende unrentabel wird, wie seine Gegner hoffen, kann man bezweifeln. Der Bedarf für einen weiteren leistungsfähigen Flughafen, der auch nachts angeflogen werden kann, ist in einigen Jahren vermutlich da. Irgendwelche Hilfestellungen bei dem Projekt sollte die Hauptstadt freilich nicht erwarten. Im Gegenteil. Mit Hessen (wegen Frankfurt), Bayern (wegen München) sowie Sachsen und Sachsen-Anhalt (wegen Halle-Leipzig) haben vier unionsgeführte Bundesländer überhaupt kein Interesse daran, dass von BBI jemals eine Maschine startet.

Damit könnte man sich einrichten, wenn nicht gerade die brandenburgische PDS-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl ebenfalls massiven Widerstand gegen das Projekt angekündigt hätte. Dumm, dass sich die Berliner SPD auch in Brandenburg eine rot-rote Koalition wünscht – mit entschlossenen Flughafengegnern im Regierungslager werden sich die Bauherrn Berlin und Brandenburg vermutlich nie in die Lüfte erheben.

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