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Politik: Wer zu spät schießt

Foto: Rückeis / Montage: DP HINTER DEN LINDEN Schon wieder zu spät – immer, immer kommt alles in diesem Land zu spät! Früher hat es darüber sogar gelehrte Bücher gegeben.

Von Robert Birnbaum

Foto: Rückeis / Montage: DP

HINTER DEN LINDEN

Schon wieder zu spät – immer, immer kommt alles in diesem Land zu spät! Früher hat es darüber sogar gelehrte Bücher gegeben. Man hat da genau nachlesen können, dass wir eine „verspätete Nation“ seien, die irgendwann im 18., 19. Jahrhundert den Anschluss an den westeuropäischen Zug verpasst und seither nie wiedergefunden habe. Da ist ja wahrscheinlich sogar etwas dran. Die Franzosen haben ihren König geköpft, die Briten haben ihren König entmachtet, da hatten wir noch nicht mal einen. Als wir ihn dann hatten, war es Wilhelmzwo, von dem im Wesentlichen zu berichten ist, dass er ein großer Liebhaber phantastisch aufgemöbelter Uniformröcke und der Kriegsmarine war und infolgedessen Europa einen Weltkrieg beschert hat. Ob die Tatsache, dass wir hierzulande immer noch keine vernünftige Steuerreform zustande gebracht haben, eine Spätwirkung jener Verspätung ist, werden spätere Historiker zu klären haben. Für den – leider infolge des Fortschritts in der Klebstofftechnik unwahrscheinlich gewordenen – Fall, dass jemand diese Zeitung als Untertapete in seiner Wohnung verwendet und jene späteren Historiker sie finden, sei ihnen hiermit ein Indiz geliefert. Wissen Sie noch, wie das in diesem Sommer mit der großen Hitze war? Ja? Dass einer zum Beispiel, wenn er tourismushalber das Bundeskanzleramt von außen besichtigen wollte, fast verdorrt ist? Wie hätte jener arme Mensch es genossen, wenn aus dem Betonboden vor dem Kanzleramt kühle Springbrunnen aufgeschossen wären! Seit wenigen Tagen schießen sie. Jetzt, wo die Hitze vorbei ist.

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