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Der Erste unter den Freunden und Partnern. So sehe Frankreich seinen Nachbarn Deutschland, sagte der französische Premier Jean-Marc Ayrault (links) am Donnerstag bei einem Kongress in Berlin. Bundespräsident Joachim Gauck wird’s gefreut haben.Foto: Steffi Loos/dapd

© dapd

Politik: Werbung in eigener Sache

Der Besuch des französischen Premiers Ayrault in Berlin soll vor allem eines: das schwierige Verhältnis entspannen helfen.

Von Robert Birnbaum

Berlin - Mit einem kleinen Werbefeldzug in eigener Sache hat Frankreichs Ministerpräsident Jean-Marc Ayrault am Donnerstag versucht, das schwierige deutsch-französische Verhältnis zu entspannen. Ayrault verbat sich am Tag seines Antrittsbesuchs bei Kanzlerin Angela Merkel einerseits zwar Belehrungen in der Wirtschafts- und Euro-Krisenpolitik. „Frankreich braucht keine Lektionen“, sagte der Sozialist der „Süddeutschen Zeitung“ – gemeint war der Vorwurf von Ex-Kanzler Gerhard Schröder, dass Frankreichs Präsident François Hollande im Wahlkampf unrealistische Versprechen gemacht habe. Und der Premier kritisierte auch einen Mangel an deutschem Verständnis für die Situation im Nachbarland: „Unsere deutschen Freunde sollten eines verstehen: Unser Gesellschaftsmodell basiert auf der sozialen Gerechtigkeit.“

Andererseits Ayrault versuchte zugleich, deutsche Besorgnisse zu entkräften, dass Frankreich unter der neuen sozialistischen Regierung zum nächsten kranken Mann Europas wird. „Ich kenne die Aufmerksamkeit, mit der in Deutschland die französische Wirtschaftspolitik verfolgt wird“, sagte er auf einem Kongress in Berlin. Doch sei „die Rückkehr zu Wirtschaftswachstum und die Senkung der Arbeitslosigkeit“ der „einzige Kompass“ seiner Regierung. Frankreich jedenfalls, so versicherte der studierte Germanist Ayrault, betrachte Deutschland als den ersten unter den „Freunden und Partnern, auf die Verlass ist“.

Auch bei seiner ersten Begegnung mit Angela Merkel wurden die Gemeinsamkeiten hervorgehoben. Ayrault und die Kanzlerin betonten die Dauerhaftigkeit der deutsch-französischen Freundschaft. Berlin und Paris seien sich bewusst, dass die Beziehungen zwischen beiden Ländern von fundamentaler Bedeutung seien, sagte Merkel und fügte hinzu: auch für die Entwicklung innerhalb der EU, nicht zuletzt mit Blick auf die Griechenlandkrise. Deutschland und Frankreich seien sich einig, dass jetzt der komplette Troikabericht rasch vorgelegt werden müsse, hieß es. Auch im Streit um die Finanzplanung der Europäischen Union wolle man eng zusammenarbeiten, um eine Lösung zu finden. Generell ginge es in der derzeitigen Krise vor allem darum, so Merkel und Ayrault, alles zu tun, um Vertrauen und Wachstum in der Eurozone zu stärken.

Finanzminister Wolfgang Schäuble betonte bei dem Kongress in Berlin, man brauche eine Lösung, „die für Griechenland ein Stück weit hält“. Wie die aussehen könnte, zeigte er nicht auf. Schäuble ging auch nicht auf Berichte aus Brüssel ein, dass die EU-Finanzminister bei ihrem nächsten Treffen am Dienstag wieder nur eine Zwischenlösung für Griechenland vereinbaren könnten.

Bundespräsident Joachim Gauck, Hauptredner der Veranstaltung, mahnte vor allem bei den Banken stärkere Beiträge zur langfristigen Vermeidung von Finanzkrisen an. „Der Wildwuchs im Finanzsektor ist bis heute nicht beseitigt“, sagte Gauck. Er freue sich auf den Tag, an dem die Banken selbst ein Konzept entwickelten. Die Kreditinstitute dürften nicht weiter an guten Tagen Boni verteilen und an schlechten „die Steuerzahler fordern“.

Der Präsident forderte die Wirtschaft generell auf, mehr Verantwortung für die gesellschaftlichen Folgen ihres Handelns zu entwickeln. Gewinnstreben sei nicht schädlich, „blanke Gier“ schon. mit dpa

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