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„Frieden ist möglich“: Merz bekräftigt bei Israel-Besuch Glauben an dauerhafte Waffenruhe – sieht aber auch „Dilemmata“
Es ist eine seiner wichtigsten Auslandsreisen, aber auch eine der schwierigsten. Bei seinem Antrittsbesuch betont Merz die unverbrüchliche Solidarität mit Israel, spricht aber auch Probleme an.
Stand:
Bundeskanzler Friedrich Merz hat bei seinem Antrittsbesuch in Israel in der zentralen Gedenkstätte Yad Vashem der während der Nazi-Diktatur ermordeten sechs Millionen Juden gedacht. „Wir werden die Erinnerung lebendig halten an das furchtbare Verbrechen der Shoa, das Deutsche am jüdischen Volk begangen haben“, schrieb der CDU-Politiker in das Gästebuch.
„Hier, in Yad Vashem ist mit Händen zu greifen, welche bleibende historische Verantwortung Deutschland trägt: Deutschland muss für die Existenz und die Sicherheit Israels einstehen. Das gehört zum unveränderlichen Wesenskern unserer Beziehungen, und zwar für immer.“ Merz legte anschließend in der Halle der Erinnerung einen Kranz nieder und entzündete die Ewige Flamme.
Yad Vashem ist die größte Holocaust-Gedenkstätte der Welt. Sie wurde 1953 gegründet und dient der Erinnerung, Forschung, Dokumentation und Bildungsarbeit über den Holocaust. Millionen von Dokumenten über den Völkermord der Nazis sind dort archiviert.

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Merz trifft Netanjahu in Israel
Nach einem gemeinsamen Treffen mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte Merz, dass er glaube, dass die Waffenruhe im Gazastreifen halten kann. „Ein dauerhafter Frieden ist möglich“, sagte der Bundeskanzler bei der gemeinsamen Pressekonferenz. Dies gelte auch trotz vereinzelter Rückschläge bei dem vereinbarten Waffenstillstand.
Deutschland leiste humanitäre Hilfe und werde zum Wiederaufbau des zerstörten Küstenstreifens einen Beitrag leisten. „Es kann in Gaza keine Rolle für die Hamas geben“, ergänzte Merz mit Blick auf die radikal-islamische Miliz. Deren Überraschungsangriff im Jahr 2023 hatte zu einer Invasion Israels im Gazastreifen geführt.
Merz ergänzte unter Verweis auf die deutsche Geschichte mit sechs Millionen getöteten Juden während des Zweiten Weltkrieges, Deutschland stehe immer an der Seite Israels. Dies sei auch in den vergangenen Jahren der Fall gewesen. Allerdings müsse sich auch Israel bei seinem militärischen Vorgehen am Völkerrecht messen lassen. Zugleich forderte der Kanzler aber auch, dass es im Westjordanland keine Annexionsschritte geben dürfe.

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Merz sieht Priorität bei Friedensplan
Für die Anerkennung eines palästinensischen Staates durch Deutschland sieht Merz allerdings in „absehbarer Zukunft“ keine Voraussetzungen. Es gehe zunächst darum, Schritt für Schritt den Friedensplan zu implementieren.
„Was an dessen Ende steht, weiß heute von uns niemand. Und weil das so ist, hat auch die Bundesregierung anders als andere europäische Staaten von einer frühzeitigen Anerkennung eines palästinensischen Staates Abstand genommen. Wir werden das auch in absehbarer Zukunft nicht tun“, sagte Merz. Einem solchen Staat fehlten bis jetzt alle Voraussetzungen dafür, überhaupt ein selbstständiger Staat sein zu können. Großbritannien, Frankreich, Kanada und viele andere Staaten haben die palästinensischen Gebiete als Staat anerkannt. Dies hat vor allem symbolischen Charakter.
Netanjahu lehnt unabhängigen Palästina-Staat weiter ab
Netanjahu sprach nach dem Treffen von „Gelegenheiten für Frieden“ in der Region, hat aber gleichzeitig einen unabhängigen palästinensischen Staat weiter abgelehnt. „Die iranische Achse ist zerschlagen“, sagte der Ministerpräsident in Jerusalem mit Blick auf den Krieg in der Region in den vergangenen zwei Jahren.
„Wir glauben, dass es einen Weg gibt, einen umfassenderen Frieden mit den arabischen Staaten voranzubringen, und auch einen Weg, einen funktionierenden Frieden mit unseren palästinensischen Nachbarn zu schaffen“, sagte Netanjahu weiter. „Aber wir werden keinen Staat vor unserer Haustür schaffen, der sich unserer Zerstörung verschrieben hat.“
Merz betont Solidarität mit Israel
Zuvor bekräftigte der Bundeskanzler bei einem Treffen mit dem israelischen Staatspräsidenten Izchak Herzog in Jerusalem die besondere Verantwortung Deutschlands für das Existenzrecht des jüdischen Staates. „Wir werden immer an der Seite dieses Landes stehen“, sagte er bei einem Treffen mit dem israelischen Staatspräsidenten Izchak Herzog in Jerusalem. „Ich weiß um die Verpflichtung, die jeder Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland in diesem Land hat.“
Es bleibe für ihn persönlich ein Wunder, dass nach den Verbrechen des Holocaust die Freundschaft zwischen Deutschland und Israel bis heute so aufgebaut und vertieft werden konnte. Die deutsche Solidarität mit Israel gelte nun insbesondere auch „nach dem schrecklichen Massaker“ der Hamas am 7. Oktober 2023.
Merz: Israels Vorgehen in Gaza sorgte in Deutschland für „Dilemmata“
Merz betonte aber auch, dass er zu einer Zeit nach Israel komme, die „komplizierter kaum sein könnte“. Das Vorgehen der israelischen Armee im Gaza-Krieg habe Deutschland „vor einige Dilemmata gestellt“. Auf die habe man reagiert, sagte er offenbar auch mit Blick auf die vorübergehende Einschränkung von Rüstungsexporten nach Israel, die inzwischen wieder zurückgenommen wurde.

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Der Kanzler betonte aber, „dass wir bis heute im Grundsatz keinerlei Differenzen haben“. Israel habe das Recht, sich selbst zu verteidigen, es sei die Hamas gewesen, die den Krieg begonnen habe. Wenn sie ihre Waffen niederlege, sei der Krieg beendet. „Dann gibt es eine Zukunft für die Region, gibt es eine Zukunft auch für Gaza.“
Er bekräftigte das Ziel einer Zweistaatenlösung in Nahost. Damit ist gemeint, dass Israel und ein unabhängiger Palästinenserstaat friedlich Seite an Seite existieren.
Herzog spricht von „neuem Horizont“ für Menschen in der Region
Israels Präsident Herzog drückte die Hoffnung aus, dass der Gaza-Plan von US-Präsident Donald Trump einen neuen Horizont für die Menschen in Gaza und Israel bedeute sowie für die arabischen Nachbarstaaten. Deutschland könne dabei eine wichtige Rolle spielen.
Zur gerade erst erfolgten Stationierung des Raketenabwehrsystems Arrow 3 in Deutschland sagte Herzog: „Dass Deutschland in Europa mit einem israelischen Produkt verteidigt wird, ist einzigartig und sehr bewegend und wichtig.“
In das Gästebuch im Präsidentenamt in Jerusalem schrieb Merz: „Die Freundschaft zwischen Deutschland und Israel ist ein großer Schatz.“ Acht Jahrzehnte nach der Schoah bleibe es „unsere Verantwortung, das Band zwischen unseren Ländern von Generation zu Generation neu zu stärken“. Merz schrieb weiter: „Aus tiefer Überzeugung bin ich bereit, gemeinsam mit Ihnen meinen Teil zu dieser Verantwortung zu leisten.“ Für die enge Verbundenheit mit Präsident Herzog sei er „zutiefst dankbar“. (dpa, AFP, Reuters)
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