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Westerwelle-Erklärung: Afghanistan: Kampf um Worte

Stell dir vor, es ist Krieg, und alles geht weiter wie bisher. So könnte das Motto lauten, das die Regierung mit der Erklärung von Außenminister Guido Westerwelle, in Afghanistan herrsche ein bewaffneter Konflikt, ausgegeben hat – jedenfalls außerhalb strafrechtlicher Folgen für Soldaten im Einzelfall.

Berlin - Das Verteidigungsministerium bestätigte am Donnerstag, mit der regierungsamtlichen Einschätzung der Lage ändere sich nichts. Das UN-Mandat erlaube den Einsatz militärischer Mittel. Probleme könnte es bei privaten Versicherungen der Soldaten geben. Hier existiert häufig eine „Kriegsklausel“, die Leistungen reduziert, wenn sich der Versicherte aktiv an Kriegshandlungen beteiligt. Dann greift allerdings einen Schadenausgleich nach dem Soldatenversorgungsgesetz.

Verunsichert reagierte die Deutsche Polizeigewerkschaft (GdP). Der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg verlangte eine „rechtlich einwandfreie Arbeitsgrundlage“ für die rund 140 deutschen Polizisten vor Ort. „Die Bundesregierung ist jetzt in der Pflicht, eindeutig zu erklären, was diese neue Bewertung für eine rechtliche Bedeutung hat“, sagte Freiberg. Der für Auslandsverwendungen zuständige Vorstand Jörg Radek sagte, die Polizisten seien „schlagartig in einer neuen Situation“. Er verwies auf Paragraf acht des Bundespolizeigesetzes, wonach der Auslandseinsatz nur für „polizeiliche Aufgaben oder andere nichtmilitärische Aufgaben“ zulässig sei. Das Bundesinnenministerium hielt dagegen: „Die neue völkerrechtliche Bewertung hat keine Auswirkungen auf den Einsatz der Polizisten von Bund und Ländern“, sagte ein Sprecher dem Tagesspiegel. „Die Beschlüsse der Innenministerkonferenz vom Juni und Dezember 2009, wonach der Einsatz von Polizeibeamten in Afghanistan nur in einem militärisch gesicherten Umfeld möglich ist, haben unverändert Bestand.“ Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) sieht keine Probleme.

Westerwelles Lageurteil vollzieht die Sprachregelung nach, die im Verteidigungsministerium schon länger gilt. Für die staatsanwaltschaftliche Prüfung des Bombardements am Kundus-Fluss spielt die Festlegung keine Rolle. Generalbundesanwältin Monika Harms muss den Fall selbst beurteilen. Liegt ihrer Ansicht nach ein bewaffneter Konflikt vor, wird das Handeln von Oberst Georg Klein nach dem Völkerstrafgesetzbuch beurteilt. Ein Ermittlungsverfahren ist dann unwahrscheinlich. Auch wenn die Zahl getöteter Zivilisten objektiv unverhältnismäßig gewesen sein mag, müsste der Oberst dies subjektiv in seinen Vorsatz aufgenommen, er müsste es gewusst und die Tat dennoch gewollt haben. Dafür sind keine Indizien öffentlich bekannt.

Auch zu einem Disziplinarverfahren wird es kaum kommen, obwohl Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) den Schlag „unangemessen“ nannte. Dies sei als Ex-post-Bewertung zu verstehen, erklärte ein Sprecher am Donnerstag. Hinweise für eine schuldhafte Pflichtverletzung gebe es nicht.

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