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Politik: Widersprüche bei Justiz nach Mord an türkischstämmigem Schweden

Schweden wird erneut von einem mutmaßlich rechtsextremen Verbrechen erschüttert. In der Neujahrsnacht ist im Stockholmer Vorort Skogas der 19-jährige türkischstämmige Salih Uzel von einem Skinhead erstochen worden.

Von Frank Jansen

Schweden wird erneut von einem mutmaßlich rechtsextremen Verbrechen erschüttert. In der Neujahrsnacht ist im Stockholmer Vorort Skogas der 19-jährige türkischstämmige Salih Uzel von einem Skinhead erstochen worden. Kurz nach der Tat nahm die Polizei drei Glatzköpfe fest, sie wurden am Dienstag dem Haftrichter vorgeführt. Die schwedischen Medien sehen Uzels Tod als weitere Folge einer Serie rechtsextremer Gewaltakte, bei der im letzten Jahr zwei Polizisten und ein Gewerkschafter ums Leben kamen und mehrere Personen verletzt wurden. Ende November hatten die vier größten Tageszeitungen Schwedens in einer gemeinsamen Reportage die neonazistischen Umtriebe angeprangert und von 62 Rechtsextremisten Namen und Fotos veröffentlicht. Auch die Regierung hat auf den Fall Uzel reagiert: Die für die Integration von Einwanderern zuständige Ministerin Ulrika Messing besuchte die Familie des Toten und übermittelte das Bedauern des Kabinetts von Ministerpräsident Göran Persson.

Unterdessen haben zahlreiche Schweden am Tatort Kerzen aufgestellt und Blumen abgelegt. In Kundgebungen wird ein wirksamer Schutz vor der Gewalt von Neonazis gefordert. Auch der türkische Botschafter in Stockholm, Oktay Aksoy, hat nach Uzels Tod bei der Regierung und bei König Carl XVI. Gustav seine Sorgen um die Sicherheit der Einwanderer zum Ausdruck gebracht.

Auf harsche Kritik stößt bei den Medien das Verhalten von Polizei und Staatsanwaltschaft im Fall Salih Uzel. Aus den Reihen der Sicherheitskräfte sind widersprüchliche Äußerungen zu hören: Mal ist von einem rassistischen Verbrechen die Rede, dann wiederum heißt es, Uzel sei das Opfer einer "normalen" Schlägerei geworden. Der ermittelnde Staatsanwalt Ola Sandh sagte dem Tagesspiegel, es gebe bislang keine Anzeichen für eine rechtsextreme Tat. Dann räumte er ein, eine "Skinhead-Gang" sei mit Uzel und anderen türkischstämmigen Bewohnern in Streit geraten. Der Staatsanwalt bestätigte auch, der als Hauptverdächtiger geltende 24-jährige Skinhead habe mit seinem Blut an die Tür der Gewahrsamszelle ein Hakenkreuz geschmiert. "Warum er das gemacht hat, weiß ich auch nicht", meinte Sandh.

Uzels Mutter hat keine Zweifel, dass rechtsextreme Skins ihren Sohn umgebracht haben. "Zwei Leute aus einer Gruppe von 17 bis 18 Nazis haben zuerst meinen älteren Sohn Metin attackiert, der gerade mit seiner Frau und dem Kind nach Hause kam", sagte Zermisan Uzel dem Tagesspiegel. Die Skins hätten gepöbelt und gegen den Kinderwagen getreten. Daraufhin habe Metin per Handy seine Familie zu Hilfe gerufen. Vater Ömer und Bruder Salih eilten auf die Straße, die Glatzköpfe schlugen zu. Die Mutter musste vom Balkon aus mit ansehen, wie ein Skin ihrem Sohn Salih in den Rücken stach. Der Vater erlitt Kopfverletzungen.

Nach Ansicht von Staatsanwalt Sandh wird die Aufklärung der Tat dauern. Es sei möglich, dass "sich im Laufe der Ermittlungen doch ein rechtsextremes Motiv andeutet".

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