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Politik: Widersprüche, Dementis und offene Fragen

Im Verleumdungsskandal um angebliche Schwarzgeldkonten lehnt Frankreichs Regierungschef Villepin Rücktrittsforderungen ab

Nun sieht sich auch Dominique de Villepin als Opfer. Er sei „schockiert“ über die Verleumdungskampagne, die gegen ihn und „unsere Demokratie“ geführt werde, sagte der französische Premierminister am Dienstag in einem Rundfunkinterview. Man beschuldige ihn auf Grund „gefälschter Erklärungen“. Aber durch einen „Blindgänger“ sehe er sich nicht zum Rücktritt veranlasst. Er werde sein Mandat als Regierungschef bis zum Ende führen, erklärte er.

Zu seinem Gegenangriff in der Affäre um die Geheimdienstermittlungen gegen angebliche Inhaber von Schwarzgeldkonten, unter ihnen Innenminister Nicolas Sarkozy, sah sich der Regierungschef offensichtlich durch eine neue Erklärung des General Philippe Rondot ermuntert. Der im Ruhestand lebende frühere Koordinator des Auslandsnachrichtendienstes DGSE, der dem Verteidigungsminister unterstellt ist, hatte sich in einem Interview mit der Zeitung „Le Figaro“ geäußert. Dort hatte er zu Protokoll gegeben, dass Villepin ihn „niemals“ aufgefordert habe, bei der Untersuchung der bei einem Rüstungsgeschäft mit Taiwan möglicherweise über das Luxemburger Finanzinstitut Clearstream geflossenen Kommissionen auch einem eventuellen Verdacht gegen Sarkozy oder andere Politiker nachzugehen.

Dieses Dementi steht indes im Widerspruch zu den Aussagen, die Rondot Ende März vor der Justiz gemacht hatte. Nach den daraus am Wochenende von „Le Monde“ veröffentlichten Auszügen hatte der General vor den Untersuchungsrichtern zu Protokoll gegeben, am 9. Januar 2004 von Villepin beauftragt worden zu sein, anhand einer Liste mit angeblichen Inhabern von Schwarzgeldkonten auch gegen Sarkozy zu ermitteln. Rondot sagte nun hingegen dem „Figaro“, dass eine von der Justiz beschlagnahmte Gesprächsnotiz mit dem Namen des Innenministers als „persönliche Interpretation“ und nicht als Auftrag Villepins zu verstehen sei.

Trotz des entlastenden Dementis des Generals bestehen an den von Villepin zur Affäre abgegebenen Erklärungen weiter viele Zweifel. Er räumte sie auch in dem Rundfunkinterview vom Dienstag nicht aus. Warum etwa beauftragte Villepin als Außenminister den DGSE-Koordinator unter Umgehung von dessen Vorgesetzten mit einer Untersuchung? Warum berief er sich dabei auf „Instruktionen“ von Staatspräsident Jacques Chirac? Welche Rolle spielte bei dem fraglichen Gespräch am 9. Januar 2004 der Spitzenmanager des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS, Jean-Louis Gergorin, dessen Unternehmen mit dem Rüstungsgeschäft mit Taiwan doch gar nichts zu tun hatte? Warum beauftragte er im Juli 2004, inzwischen als Innenminister, den Gegenspionagedienst DST mit einer neuen Untersuchung der Liste, obwohl sie von Rondot inzwischen als gefälscht entlarvt und von einem anonymen Denunzianten dem mit der Aufklärung der Taiwan-Kommissionen beauftragten Untersuchungsrichter zugesandt worden war? Warum informierte Villepin weder den damaligen Regierungschef Jean-Pierre Raffarin noch Sarkozy selbst über sein Vorgehen? Warum schließlich setzte er Sarkozy auch dann nicht ins Bild, als später auch der DST die Liste als Fälschung erkannte?

Auf solche Fragen antwortete Villepin mit seiner „Verantwortung“ für die von Frankreich eingegangenen Verträge gegen Korruption und den Kampf gegen Mafia-Gelder und Al-Qaida-Konten. Er habe nur im Interesse Frankreichs gehandelt, verteidigte er sich.

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