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Politik: Widerstand im eigenen Lager

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler legt Einspruch gegen Leyens Renten-Gesetz ein.

Berlin - Ursula von der Leyen (CDU) hat ein Problem. Die Rentenreformpläne der Bundesarbeitsministerin stoßen in der Bundesregierung auf Widerstand. Kaum hatte sie ihren Gesetzentwurf gegen die Altersarmut veröffentlicht, legt das erste Kabinettsmitglied Einspruch ein.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler hält die Beratungsfrist für zu kurz; der FDP-Chef lehnt auch eine Verknüpfung von Zuschussrente und Beitragssenkung ab. Das bestätigte ein Sprecher des Ministeriums dem Tagesspiegel. Eine Senkung des Rentenbeitrags könne auch isoliert erfolgen und müsse in der Koalition beraten werden. Leyen hatte am Mittwoch ihr Gesetzespaket vorgelegt, dessen zentraler Punkt ein Zuschussmodell ist, mit dem Niedrigrenten von Geringverdienern aufgestockt werden, und zwar auf maximal 850 Euro. Diese Zuschussrente soll es aber nur für jene geben, die jahrzehntelang in die Rentenversicherung eingezahlt und zusätzlich auch privat fürs Alter vorgesorgt haben.

Bereits im März hatte Leyen einen ersten Entwurf vorgelegt, der aber in der Koalition kritisiert worden war. Die Arbeitsministerin hat daraufhin den Entwurf noch einmal überarbeitet.

Mit dem Einspruch Röslers ist nun offen, ob der Gesetzentwurf wie geplant am 27. August auf die Tagesordnung des Bundeskabinetts kommen kann. Geht es nach dem Willen Leyens, sollen die umfangreichen Neuregelungen Mitte kommenden Jahres in Kraft treten.

Kritik gibt es aber nicht nur vom Kabinettskollegen Rösler und aus dessen Partei, sondern auch aus der CSU. So wandte sich die CSU-Mittelstandsvereinigung gegen das Konzept. Es bedeute höhere Arbeitskosten und geringere Nettoeinkommen, erklärte ihr Vorsitzender Hans Michelbach. Er lehnte auch die geplante Versicherungspflicht für Selbstständige und Unternehmer ab. Diese sei angesichts vielfältiger Vorsorgeformen unnötig.

Opposition und Sozialverbände sind ebenfalls wenig begeistert. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte der „WAZ“-Mediengruppe, auch Leyens neues Konzept sei „weder ausreichend noch seriös“. „Die Zuschussrente mit all ihren Einschränkungen bleibt ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Linken-Chef Bernd Riexinger forderte ein „alternatives Rentenreformprogramm“.

Der Deutsche Gewerkschafts-Bund (DGB) warf der Ministerin vor, Altersarmut zu provozieren, statt sie zu bekämpfen. Es sei unverantwortlich, die Rücklagen der Rentenversicherung aufzubrauchen, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. In der IG Metall wurden die Vorschläge als „Mogelpackung“ bezeichnet. Für die Präsidentin des Sozialverbands Deutschland, Ulrike Mascher, bringt das Vorhaben den heutigen Rentnern „überhaupt nichts“. Von einer „Sozialhilfe plus“ sprach der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, in den „Ruhr Nachrichten“. Die Hürden für die Zuschussrente seien zu hoch. Die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Anette Kramme, kritisierte die Pläne als „unausgegoren“. ctr/dpa

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