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Politik: Wie die Deutschen von israelischen und amerikanischen Juden gesehen werden

Es besteht kein Zusammenhang zwischen dem Deutschlandbild der Israelis und der Realität in Deutschland sowie den deutsch-israelischen Beziehungen. Diese These vertrat Igal Avidan, Deutschlandkorrespondent der israelischen Zeitung Maariv, in einem Vortrag an der Freien Universität Berlin (FU).

Es besteht kein Zusammenhang zwischen dem Deutschlandbild der Israelis und der Realität in Deutschland sowie den deutsch-israelischen Beziehungen. Diese These vertrat Igal Avidan, Deutschlandkorrespondent der israelischen Zeitung Maariv, in einem Vortrag an der Freien Universität Berlin (FU). Im Rahmen der Vortragsreihe "Beziehungen im strategischen Dreieck Deutschland-Israel-USA" diskutierte er mit Joel Levy (Ronald S. Lauder Foundation) und Catherine Hezser (FU) über die Deutschlandbilder der Israelis und des amerikanischen Judentums.

Trotz der "ausgezeichneten, engen und vertraulichen Beziehungen" zwischen Israel und Deutschland sei die Antipathie gegen Deutschland nach wie vor groß, so Avidan. Es bliebe eine Diskrepanz zwischen den guten Beziehungen und der negativen Vorstellung, die in Israel über Deutschland herrscht. "Die Art und Weise, wie man in Deutschland mit dem Holocaust und der Vergangenheit umgeht, spielt eine zentrale Rolle, wie man in Israel dieses Land betrachtet", sagte der Journalist.

Doch es ist nicht überwiegend die ältere Generation, die den Deutschen skeptisch gegenüber steht. Gute Kindheitserinnerungen, Literatur, Musik und Kultur erhalten die Bindung der ersten Generation an Deutschland auch weiterhin. Es sind vor allem Jugendliche, bei denen das negative Bild ausgeprägt ist. Eine Umfrage der Friedrich-Ebert-Stiftung unter israelischen Jugendlichen habe ergeben, dass nur rund sieben Prozent Deutschland für ein israelfreundliches Land halten. 50 Prozent meinten, der Ausländerhass sei stärker als in anderen Staaten, und fast ebenso viele sprechen der Bundesrepublik die Merkmale einer "zivilen und aufgeklärten Demokratie" ab.

Als Ironie bezeichnet Joel Levy, dass man gerade in einem Gebäude, das nach Henry Ford benannt sei - einem der größten amerikanischen Antisemiten vor dem zweiten Weltkrieg - zusammenkäme, um über dieses Thema zu diskutieren. Levy ist Leiter der Ronald S. Lauder Foundation in Deutschland, einer privaten amerikanischen Stiftung, die sich die Förderung des jüdischen Lebens in Mittel- und Osteuropa zur Aufgabe gemacht hat. Das Bild der amerikanischen Juden über Deutschland sei kaum zu unterscheiden von der typischen Meinung, die in den USA vorherrsche. Zwar seien ein Großteil der Amerikaner (76 Prozent) der Bundesrepublik wohlgesonnen. Doch starke Klischees und mangelnde Informationen über Deutschland prägten das Bild. "Es gibt zwei Klischees, die bleiben", sagte Levy. "Wenn Amerikaner nach Deutschland gefragt werden - Juden oder Nichtjuden - denken sie an Nazismus und daran, dass die deutsche Gesellschaft eine starke, treibende wirtschaftliche Kraft ist."

Einen großen Beitrag zur Aufrechterhaltung dieser Klischees leiste das amerikanische Fernsehen. Über den Holoaust werde weit mehr veröffentlicht als über Wirtschaft oder Kultur in der Bundesrepublik. Die negative Haltung gegenüber Deutschland führt Levy auf die Tabuisierung in der Nachkriegszeit zurück: "Erst um 1978 begann eine öffentliche Debatte über den Holocaust in der amerikanischen Öffentlichkeit."

Anna Kochs

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