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Angela Merkel, damals (2018) noch als Bundeskanzlerin.

© picture alliance / photothek/Florian Gaertner

Exklusiv

Wie viel Kosmetik braucht Angela Merkel?: Die Bundesregierung zahlt für das Styling der Altkanzlerin

Nach dem Abschied aus dem Amt bleibt Angela Merkel ein Privileg erhalten: Eine Assistentin für Frisur und Make-up, auch auf Reisen. Im Kanzleramt wird über die Kosten gestöhnt.

Kein Bundeskanzler ist nach dem Abschied vom Amt so üppig ausgestattet worden wie Angela Merkel (CDU). Um mit der politischen Welt Kontakt zu halten, verfügt sie über ein Büro mit neun Planstellen samt Dienstwagen vom Bundeskriminalamt. Allein für das Personal dürften mehrere Hunderttausend Euro jährlich fällig werden, Reisekosten gehen extra. Die Büroräume gehören ohnehin zum Bundestag.

Nun stellt sich heraus, dass Merkel zuzüglich zum Personalbudget noch ein besonderes Privileg ihrer Amtszeit erhalten bleibt: Das Bundeskanzleramt bezahlt der Ex-Kanzlerin professionelle Hilfe bei Kosmetik und Frisur – sogar bei ihren nicht-öffentlichen Terminen. Dies geht aus der Korrespondenz zwischen der Regierungszentrale und Merkels Büro hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt.

Die Frau arbeitet freiberuflich als „Hair & Make-up-Artist“ sowie als Modedesignerin

Die Dokumente wurden auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) herausgegeben. Demnach begleitet eine freiberufliche „Assistentin“ Merkel auch weiterhin regelmäßig bei Reisen. Allerdings handelt es sich nicht um deren langjährige frühere Visagistin, sondern um eine Frau, die nach eigenen Angaben in Berlin als „Hair & Make-up-Artist“ sowie als Modedesignerin tätig ist. Sie soll laut E-Mail-Korrespondenz Merkel „in Vertretung“ der ehemaligen Mitarbeiterin beiseite stehen.

Auf Anfrage bestätigen sowohl das Bundeskanzleramt wie Merkels Büro, dass die Fachfrau auf Kosten des Bundeshaushalts im Einsatz ist. Wie oft, dazu will die Altkanzlerin keine Angaben machen. Zu „nicht-öffentlichen persönlichen Gesprächen“ würde grundsätzlich keine Auskunft gegeben, heißt es aus ihrem Büro.

Es ist den Steuerzahlern kaum zu vermitteln, dass sie auch für Visagisten und Hairstylisten von Politikern aufkommen sollen. Deshalb müssen diese Kosten auf das Notwendigste reduziert und im Zweifel privat bezahlt werden.  

Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler

Auch die bisher aufgelaufenen Kosten soll offenbar niemand kennen dürfen. Das Kanzleramt verweist auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der „Auftragnehmerin des Kanzleramts“, die als „Assistentin der Bundeskanzlerin a. D. für Make-up und Frisur“ tätig sei.

Juristisch habe alles seine gute Ordnung, betont das Bundeskanzleramt – „soweit Kosten für Leistungen einer Visagistin in Zusammenhang mit Terminen zur Wahrnehmung fortwirkender Amtspflichten anfallen“. Denn dann handele es sich um „notwendige Ausgaben“ im Sinne der Bundeshaushaltsordnung, die der Bund zur Erfüllung seiner Aufgaben tätigen dürfe.

Trotzdem kann das die Kasse strapazieren. Als Merkel bei ihrer Visite in den Niederlanden vor einem Jahr neben ihrem persönlichen Referenten auch die Stylistin unterbringen will, geht ein Stöhnen durch die Reisestelle des Kanzleramts. „Das sind ja Schnäppchen-Preise“, kommentiert eine Mitarbeiterin die Hotelkosten von 505 Euro pro Nacht per E-Mail und setzt einen Schlechte-Laune-Emoji daneben. Der Preis sei zwar „fürstlich“, hieß es dann von der Leitung. Aber mit Blick auf den „repräsentativen Charakter“ der Reise noch akzeptabel.

Die Kosten für Merkels „Begleitung aus dem Büro“ irritierten auch bei einem Trip nach Genf, weil die ins Auge gefassten Hotels „eigentlich zu teuer“ seien; „Preisobergrenze liegt bei 197 Euro“, heißt es in der Korrespondenz. Es durfte dann ausweislich der internen Mails aber doch ein Zimmer für rund 340 Euro pro Nacht sein, das Merkels Kosmetik-Assistentin bezog.

1,5
Millionen Euro gab die Regierung laut Steuerzahlerbund im Jahr 2022 für Fotografen, Friseure und Visagisten aus.

Der Steuerzahlerbund hat errechnet, dass die Ausgaben für Fotografen, Friseure und Visagisten im Jahr 2022 auf rund 1,5 Mio. Euro angestiegen sind. Das sind fast 80 Prozent mehr als im Jahr davor, in dem größtenteils noch die Große Koalition regierte.

Allein für Kosmetik und Frisur gab das Kanzleramt in dieser Zeit rund 40.000 Euro aus, wie die Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der AfD-Fraktion zum Jahresanfang erklärt hatte. Am teuersten war mit rund 137.000 Euro eine „Maskenbildnerin“, die Außenministerin Annalena Baerbock zu Foto- und Fernsehterminen im In- und Ausland begleitet.

Angela Merkel kommt auch ohne Hilfe in Form

Der Präsident des Steuerzahlerbundes Reiner Holznagel kritisiert, dass der Regierung Äußerlichkeiten so viel Geld wert sind: „Es ist den Steuerzahlern kaum zu vermitteln, dass sie auch für Visagisten und Hairstylisten von Politikern aufkommen sollen“, sagt er auf Anfrage. Solche Kosten müssten „auf das Notwendigste reduziert und im Zweifel privat bezahlt werden“.

Dass sich die Altkanzlerin auch ohne fremde Hilfe in Form zu bringen vermag, stellt sie bei einem Besuch in Paris auf Einladung von Staatspräsident Emmanuel Macron unter Beweis. Die Assistentin war schon gebucht, doch dann bat Merkel kurzfristig um Storno. Über die Make-up-Künstlerin heißt es in der Mail aus ihrem Büro: „Die BK’in a.D. hat gerade entschieden, dass sie nicht begleiten muss“.

Merkel-Stylistin: Zu den Kunden soll auch „Bundeskanzler Schröder“ gehören

Die Merkel-Stylistin war für den Tagesspiegel nicht zu erreichen. Auch verweigerte sie eine Genehmigung gegenüber dem Kanzleramt, dass dieses über ihrer Arbeit nähere Auskünfte geben darf.

Die auf der Webseite der Frau veröffentlichte Liste von Kundinnen und Kunden verweist auf nationale und internationale Prominenz. Merkel ist nicht dabei, dafür – überraschenderweise – ein wegen seiner Gasprom-Geschäfte in öffentliche Ungnade gefallener Vorgänger: „Bundeskanzler Schröder“.

Dessen staatsfinanziertes a. D.-Büro wurde mittlerweile „ruhend gestellt“, wie es ein Bundestagsbeschluss formuliert. In Merkels Büro wie auch im Kanzleramt gibt man sich unwissend über den Kunden. Dazu lägen „keine Informationen vor“.

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