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Politik: Wie zu Blairs schlechten Zeiten

Nach vielen Pannen ist Labour unter Premier Brown zurück am Tiefpunkt

Von Markus Hesselmann

Als Tony Blair im Sommer abtrat, sagte er in einem Fernsehinterview, dass damit viel Last von seiner Partei fallen würde. Der Labour-Politiker, der Großbritannien zehn Jahre lang als Premierminister geführt hatte, schätzte seine Unpopularität am Ende seiner langen Amtszeit realistisch ein. Sein Nachfolger Gordon Brown hatte dann tatsächlich einen guten Start. Der frühere Finanzminister meisterte Krisen wie die Terrorattacken von London und Glasgow, die Flut und die Maul- und Klauenseuche mit ruhiger Hand und hängte die konservative Opposition in den Umfragen ab. Fünf Monate später aber ist die Labourpartei unter Brown wieder da angekommen, wo sie zur Zeit von Blairs Rücktritt stand: am Tiefpunkt.

Die linksliberale Zeitung „The Guardian“ veröffentlichte am Wochenende eine Umfrage, derzufolge jetzt nur noch 31 Prozent Labour wählen würden. Die oppositionellen Konservativen unter David Cameron kämen auf 37 Prozent. 23 Prozent würden für die Liberaldemokraten stimmen. Für Labour entspricht das einem Verlust von vier Prozentpunkten gegenüber einer ähnlichen Umfrage von vor einem Monat. Brown appellierte angesichts der schlechten Umfragen an seine Landsleute, nicht nur kurzfristig zu denken. „Am Ende ist doch die Frage, welches Gesamtbild sich die Menschen von dem machen, was wir erreichen wollen“, sagte der Premier der BBC.

Warum aber dieser Einbruch? Erst gelang es den Konservativen, der Regierung Brown durch das Versprechen von Steuersenkungen und demonstrative Geschlossenheit auf ihrem Parteitag die politische Initiative aus der Hand zu nehmen. Brown ließ zur selben Zeit die Ankündigung baldiger Unterhauswahlen lancieren, um dann im letzten Moment aus Angst vor einer Niederlage einzuknicken und dadurch Vertrauen zu verspielen. Schließlich schadete dem Premierminister eine erneute Ballung von Krisen. Die verschlampten CDs mit den Finanzdaten von Abermillionen von Briten sind dabei nur ein aktueller und besonders spektakulärer Fall. Die aus Amerika importierte Kreditkrise schwelt weiter und trifft Großbritannien als Land der Haus- und Hypothekenbesitzer besonders. Beim Thema Einwanderung, einer der wichtigen Programmpunkte der Konservativen, war die Labourregierung nicht in der Lage, verlässliche Zahlen vorzulegen. Zur Maul- und Klauenseuche kamen die Blauzungenkrankheit und erneut die Vogelgrippe als weitere Tierseuchen hinzu. Und zu allem Überfluss warfen führende Militärs dem Premier jetzt auch noch öffentlich vor, die Streitkräfte – in Großbritannien unantastbar wie in kaum einem anderen westlichen Land mit Ausnahme Amerikas – geringzuschätzen und kaputtzusparen.

Es mag ein kleiner Trost für Gordon Brown sein, dass die Konservativen auch nicht so richtig vorankommen. Gegenüber dem Vormonat haben sie in der aktuellen Umfrage sogar drei Prozentpunkte verloren. Um exakt diese Zahl legten die Liberaldemokraten zu, bei denen derzeit mit Chris Huhne und Nick Clegg zwei aufstrebende Politiker um den Posten des Parteichefs ringen. Nach dem Rücktritt des farblosen Parteichefs Menzies Campbell könnte mit der dritten Kraft der britischen Politik künftig stärker zu rechnen sein.

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