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Soldaten sind in dem Land allgegenwärtig. Kurz vor dem Jahrestag der Unabhängigkeit flammten neue Kämpfe auf.

© picture alliance / dpa

Update

Wieder Kämpfe im Südsudan: Mehr als 100 Tote am fünften Jahrestag der Unabhängigkeit

Am fünften Jahrestag der Unabhängigkeit Südsudans ist es zu blutigen Auseinandersetzungen gekommen. Es soll mehr als 100 Tote gegeben haben.

Bei den jüngsten Kämpfen in der Hauptstadt des Südsudans sind deutlich mehr als 100 Menschen getötet worden. In die Leichenhalle des wichtigsten staatlichen Krankenhauses im Juba seien mehr als 90 Leichen von Soldaten und Zivilisten eingeliefert worden, teilte ein Arzt des Hospitals am Samstag mit. Die meisten seien männlich. Der Sender Radio Tamazuj sprach von 109 Leichen im Krankenhaus. Zudem seien mindestens 37 weitere Menschen getötet worden.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bezeichnete die Kämpfe in Juba als alarmierend. Sie seien „ein neuer Verrat“ an den Menschen im Südsudan, erklärte Ban am Freitag (Ortszeit) am Vorabend des fünften Unabhängigkeitstages. Die Gefechte zwischen den Regierungstruppen (SPLA) und den früheren Rebellen (SPLA-IO) zeigten, dass beide Parteien sich nicht ernsthaft für den Friedensprozess einsetzten. 

In der Nähe des Präsidentenpalastes in Juba wurde am Freitagabend geschossen, wie örtliche Medien und die Vertretung der Vereinten Nationen in Juba berichteten. Es seien auch Einschläge von Granaten oder Mörsern zu hören gewesen. Die Kämpfe sollen begonnen haben, während Präsident Salva Kiir sich mit seinem Stellvertreter, dem früheren Rebellenführer Riek Machar, traf. Die beiden traten am Abend vor die Presse und forderten alle Parteien zur Zurückhaltung auf, wie der Radiosender EyeRadio Juba berichtete. Am späten Abend sei wieder Ruhe eingekehrt, teilte die UN-Mission im Südsudan (Unmiss) über Twitter mit. Armeesprecher Lul Ruai Koang sagte, die Lage habe sich wieder normalisiert.

Die Übergangregierung des Südsudan hatte zuvor entschieden, erstmals auf Feierlichkeiten in der Hauptstadt Juba zu verzichten. Vermutlich ist ihr einfach das Geld ausgegangen. Ohnehin haben die wenigsten Südsudanesen einen Grund zum Feiern. Nach mehr als zwei Jahren Bürgerkrieg haben Präsident Kiir und sein Vize Machar wieder eine gemeinsame Regierung gebildet. Zwei Jahre lang hatten sich Kiir und Machar erbittert bekämpft. Massaker, Vergewaltigungen, Plünderungen und niedergebrannte Städte waren das Ergebnis des Machtkampfs dieser beiden Politiker, die nun wieder da sind, wo sie vor fünf Jahren schon einmal standen: in einer gemeinsamen Regierung und ganz am Anfang einer Staatsbildung.

Ein Großteil der rund 11,3 Millionen Einwohner ist nach zwei Jahren ohne Ernten auf Nahrungsmittelhilfe der Vereinten Nationen angewiesen. Drei Viertel der Bevölkerung leben in Flüchtlingslagern oft direkt auf den Stützpunkten der UN-Friedenstruppe Unmiss. Ein Fünftel der Kinder ist schwer unterernährt, berichtet Unicef.

Wie zur Bestätigung, dass es nichts zu feiern gibt, hatten Soldaten, die loyal zu Machar stehen, bereits am Donnerstagabend fünf Regierungssoldaten erschossen. Die SPLA, die aus der Rebellenarmee hervorgegangen ist, die mehr als 20 Jahre gegen den Sudan um die Unabhängigkeit des Südsudan gekämpft hatte, hat überall in der Hauptstadt Straßensperren errichtet. Radio Tamazuj zitiert Armeesprecher Lul Ruai mit den Worten: „Es gibt keinen Grund für die beiden Armeen, sich wieder zu bekämpfen. Wir betrachten das als Einzelfall. Es gibt keinen Grund zur Panik.“

Dennoch sind die Spannungen seit April, als Riek Machar nach zwei Jahren im Busch in die Hauptstadt zurückgekehrt ist, nicht kleiner geworden. Ebenfalls am Donnerstagabend wurde der Büroleiter der Unesco in Juba, Salah Zaki Khaled, angeschossen. Wer auf ihn gefeuert hat, war zunächst unklar.

75 Prozent der Bevölkerung des Landes leben in Flüchtlingslagern.
75 Prozent der Bevölkerung des Landes leben in Flüchtlingslagern.

© AFP

Ende Juni begannen zudem neue Kämpfe in der Stadt Wau, die während des zweijährigen Bürgerkriegs von den Auseinandersetzungen verschont geblieben war. Die UN berichten von mindestens 40 Toten und mehreren zehntausend Flüchtlingen, die sich in den Stützpunkt der Blauhelmtruppe Unmiss gerettet haben. Weitere rund 7000 Menschen haben in einer Kirche Zuflucht gesucht.

Der Kollaps des jüngsten Staats der Welt ist wohl auf eine politische Fehleinschätzung von Kiir und Machar zurückzuführen. Sie legten es 2012 auf einen Konflikt mit dem Sudan an. Es ging um die Gebühren für die Nutzung der Ölpipelines des Sudan. Der Südsudan stoppte die Ölförderung. Ein Großteil der Ölfelder war mit der Unabhängigkeit an den Südsudan gegangen. Der Sudan hat nur noch auf wenige Ölquellen Zugriff. Kiir und Machar schwächten sich aber vor allem selbst. Mehr als 90 Prozent des südsudanesischen Budgets kam aus der Ölförderung. Ohne dieses Geld hielt der Frieden zwischen den beiden rivalisierenden politischen Schwergewichten in Juba nicht mehr lange. (mit dpa)

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