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Politik: Wieder muss schwedischer Reaktor abgeschaltet werden

Nach Brand in nahe gelegener Transformatorenstation / Hohe Verluste für Vattenfall und Eon durch Produktionsausfall

Stockholm - Ein erneuter Zwischenfall in einem schwedischen Atomreaktor hat gestern für Aufregung und Bedenken gegenüber den schwedischen Sicherheitsstandards vor allem im Ausland gesorgt. In der Nacht zum Dienstag war in der Nähe eines der vier Reaktoren des Atomkraftwerkes Ringhals an der schwedischen Westküste eine Transformatorenstation in Brand geraten. Öl sei aus dem etwa 200 Meter vom Reaktorgebäude entfernten Transformator ausgelaufen und hätte für einen schnellen Brandverlauf gesorgt, sagte ein Sprecher der Betreibergesellschaften Vattenfall und Eon.

Alle Sicherheitssysteme hätten funktioniert und der Reaktor sei gestoppt worden. Radioaktivität trat bei dem Zwischenfall nicht aus, da das Feuer außerhalb des eigentlichen Reaktors ausbrach. Bei der schwedischen Atomaufsichtsbehörde rechnete man gestern mit einem etwa zweiwöchigen Stopp für den Reaktor, da zunächst die Ursache des Brandes festgestellt werden müsse. Danach seien Reparaturarbeiten notwendig.

Es ist bereits der zweite Zwischenfall in einem der zehn schwedischen Atomreaktoren in den vergangenen dreieinhalb Monaten. Ende Juli ereignete sich der bislang schwerste Zwischenfall in der dreißigjährigen Geschichte der schwedischen Kernenergie: Ein Reaktor des Atomkraftwerkes Forsmark rund 150 Kilometer nördlich von Stockholm konnte nach einem technischen Problem erst nach dem schnellen Eingreifen eines Mitarbeiters gestoppt werden, da die dafür vorgesehene Notstromversorgung nicht funktionierte. Nach dem Unglück veranlasste die schwedische Atomaufsichtsbehörde bis Oktober die Abschaltung von weiteren drei baugleichen Reaktoren.

Der neue Zwischenfall sorgte in Schweden kaum für Schlagzeilen. Regierungsvertreter äußerten sich nicht. Ein Großteil der Bevölkerung ist für die Atomenergie, aus der Schweden rund die Hälfte seines Stroms bezieht.

Für die Betreibergesellschaften, die staatliche Vattenfall und der deutsche Energieversorger Eon, bedeutet das Abschalten des Ringhals-Reaktors hohe Verluste. Die Kosten für den Produktionsausfall wurden gestern mit umgerechnet rund 1,2 Millionen Euro pro Tag angegeben. Bei dem AKW-Unfall im Juli beliefen sich die Verluste für die Betreibergesellschaften auf mehr als 150 Millionen Euro. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace forderte gestern die deutsche Bundesregierung auf, wegen des Unfalls in Ringhals den alten deutschen Atomkraftwerken sofort die Betriebserlaubnis zu entziehen.

Helmut Steuer

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