zum Hauptinhalt
Österreich habe im vergangenen Jahr zusätzliche 600 Millionen Euro für Flüchtlinge ausgeben müssen, heißt es aus Wien.

© dpa

Wien droht Griechenland: Österreich will von EU wegen Flüchtlingen offenbar Entschädigung

Österreich will wegen der Flüchtlinge die Balkanroute abriegeln und droht Griechenland. Zudem verlangt Wien Millionen Euro Entschädigung von der EU.

Österreich fordert von Brüssel einem Zeitungsbericht zufolge eine Entschädigung für die Rückzahlung der Mehrkosten für die Aufnahme von Flüchtlingen im vergangenen Jahr. Sein Land könne sich jährlich um rund 35.000 Asylsuchende kümmern, schrieb Finanzminister Hans Jörg Schelling in einem Brief an EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, aus dem der "Kurier" am Samstag zitierte. Im vergangenen Jahr seien es aber 90.000 gewesen und Österreich habe zusätzliche 600 Millionen Euro ausgeben müssen. "Spiegel online" zufolge bestätigte ein Sprecher des Ministers den Brief.

Dem Brief zufolge, der bereits Ende Januar verschickt worden sein soll, fordert der österreichische Finanzminister nun eine Entschädigung aus Brüssel. Zudem regte er eine Aufstockung des europäischen Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (Amif) mit einer veränderten Ausschüttung für die am meisten betroffenen Länder an. Zudem müssten auch Fonds, die eigentlich für Naturkatastrophen gedacht seien sowie andere ungenutzte Gelder für die Flüchtlingskrise genutzt werden.

Viele kommen über Balkanroute

Dem "Kurier" zufolge zeigte sich Finanzminister Schelling "persönlich zunehmend frustriert" über die "riesigen Probleme" der EU. Die Kommission müsse zu ihrer "normalen Funktion einer unabhängigen Institution" zurückkehren. Der Flüchtlingsandrang über die Balkanroute nach Europa hatte sich im vergangenen Jahr dramatisch zugespitzt. Von dort aus machen sich die Schutzsuchenden vor allem auf den Weg nach Deutschland, Schweden und Österreich.

Mit Unterstützung von Staaten wie Ungarn wirbt Österreich dafür, Mitteleuropa notfalls über strenge Kontrollen an Griechenlands nördlichen Grenzen vor einem unkontrollierten Zustrom von Flüchtlingen zu schützen. Zehntausende Menschen aus Ländern wie Syrien könnten dann vorerst in Griechenland stranden. "Wenn wir keine Lösung an der Grenze zwischen der Türkei und Griechenland zustande bringen, dann wird unsere einzige Möglichkeit sein, dass wir mit Slowenien, mit Kroatien, mit Serbien, mit Mazedonien kooperieren", sagte Österreichs Außenminister Sebastian Kurz am Samstag nach europäischen Spitzengesprächen zur Flüchtlingskrise in Amsterdam.

Österreichs Außenminister greift griechischen Kollegen an

Am ersten Tag des Ministertreffens hatte er militärisch-polizeiliche Missionen zum Beispiel in Mazedonien und Serbien vorgeschlagen. EU-Soldaten könnten sich dort um die Grenzsicherung und die Registrierung von Flüchtlingen kümmern, sagte er am Freitag. Seinem griechischem Kollegen Nikos Kotzias warf Kurz offen vor, die Probleme zu ignorieren. Er habe noch immer nicht das Gefühl, dass es in Griechenland ein Bewusstsein dafür gebe, wie ernst die Situation in den Zielländern der Flüchtlinge sei.

Der ungarische Außenminister Peter Szijjarto sagte: "Wenn Griechenland nicht bereit oder nicht in der Lage ist, den Schengenraum zu schützen (...), dann brauchen wir eine andere Verteidigungslinie." Szijjarto, Kurz und andere Außenminister von Ländern an und auf der Balkanroute berieten am Rande des Treffens separat über mögliche neue Grenzsicherungsprojekte.

Der griechische Außenminister Kotzias wies die Vorwürfe zurück und warf mitteleuropäischen Staaten vor, sein Land isolieren zu wollen. "Man kann nicht denken, dass man so komplizierte Sachen wie die Flüchtlingskrise mit so einfachen Mitteln lösen kann", sagte er. Griechenland schütze seine Seegrenze zur Türkei so gut, wie Meeresgrenzen zu schützen seien. "Das erste Land, das eine Lösung haben will, sind wir", sagte er. Sein Land habe die Finanzkrise und die Flüchtlingskrise, und nun gingen wegen der Flüchtlingsbewegung auch noch die Hotelreservierungen auf den griechischen Inseln in der östlichen Ägäis um fast die Hälfte zurück. "Wir werden eine große Tourismuskrise erleben", sagte er. "Das ist kein Spaß."

Frank-Walter Steinmeier verweist lediglich auf Abkommen mit Türkei

Außenminister Frank-Walter Steinmeier ging nach dem Spitzentreffen nicht konkret auf den Streit ein. Er wies lediglich darauf hin, dass sich eigentlich die Türkei verpflichtet habe, den Zustrom von Flüchtlingen in Richtung Europa einzudämmen. Im Gegenzug zahlt die EU mindestens drei Milliarden Euro für die gut zwei Millionen syrischen Flüchtlinge in der Türkei. "Entscheidend kommt es jetzt darauf an (...), dass die Türkei ihren Teil der Verpflichtungen aus dem Abkommen mit der Europäischen Union erfüllt", sagte Steinmeier. (AFP/dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false