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Politik: „Wildeste Spekulationen“

Schröder will partout nicht verraten, wie es zu Neuwahlen kommen soll

Berlin - Vertrauensfrage, Erpressungsversuche, Instabilität? Alles nur „wildeste Spekulationen, von denen ich abrate“, sagt Gerhard Schröder auf dem Weg zum SPD-Vorstand in die Kameras. Seine zweite Botschaft lässt er vom Regierungssprecher verkünden. Kommt statt der angekündigten Vertrauensfrage ein Rücktritt des Bundeskanzlers in Betracht? Bela Andas Antwort: „Diese Frage stellt sich überhaupt nicht.“

Die Öffentlichkeit, auch dafür findet Schröder vor den Gremienberatungen noch ein Wort, kommt „danach“. Nach dem Bundespräsidenten und dem Bundestag, die der Kanzler unmittelbar vor der Vertrauensfrage am 1. Juli über die konkrete Ausgestaltung informieren wird, über die er jetzt schweigt.

Da ist noch viel Zeit für „wildeste Spekulationen“. Am Wochenende sind sie durch Berichte über Schröders Gespräch mit Bundespräsident Horst Köhler aufgeladen worden, in denen von „Erpressungsversuchen“ und Instabilität in der SPD-Fraktion die Rede ist. Im SPD-Vorstand verarbeitet man das einfach per Beschluss. Jedenfalls verkündet SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter, man sei „guten Mutes“, bald einen Richtungswahlkampf führen zu können. Und: „Insgesamt haben wir uns darauf verständigt, dass wir jetzt nach vorn schauen müssen.“ Es müsse erreicht werden, dieser Bundesregierung „eine neue Legitimation zu verschaffen“. Ein Abstimmungsergebnis ist nicht bekannt, weil in SPD-Gremien nur ausnahmsweise und bei Personalentscheidungen abgestimmt wird.

Doch bevor der „Richtungswahlkampf“ losgehen kann, bleibt die schwierige Klippe: Dem Bundeskanzler muss das Vertrauen im Bundestag entzogen werden. Am wenigsten wollen dafür die Abgeordneten verantwortlich sein, die schon vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen den Kampf um einen Kurswechsel angekündigt haben: die linken Kritiker von Schröders Agenda. Sie stehen in seltener Entschlossenheit hinter dem Kanzler. Deshalb hat der Kanzlerfreund und Bundesinnenminister Otto Schily nun schon zum zweiten Mal, diesmal im ZDF, einen möglichen Weg beschrieben: Es könnten die Minister sein, die durch Nichtteilnahme an der Abstimmung den Weg zur Neuwahl frei machen. Wie 1972, als Willy Brandt mit der Vertrauensfrage scheitern wollte.

Viel freier als die SPD-Linken können mittlerweile die Grünen mit der Schuldfrage umgehen. Nach dem beigelegten Koalitionskrach um die Unternehmensteuer bereitet sich der grüne Noch-Koalitionspartner schon mit aller Kraft auf die Wahlen vor. Nicht für Rot-Grün, sondern für die Grünen wird hinter Spitzenkandidat Joschka Fischer ein achtköpfiges Team kämpfen: die Minister Renate Künast und Jürgen Trittin, die Parteichefs Reinhard Bütikofer und Claudia Roth, die Fraktionsvorsitzenden Krista Sager und Katrin Göring-Eckardt sowie Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke und der Parlamentarische Geschäftsführer Volker Beck. Die Diskussion um eine Spitzenkandidatin neben Fischer hat sich damit erledigt. Das Team sei eine Selbstverpflichtung der „Berliner Ebene“ zur Geschlossenheit, sagte Roth. Sie kündigte eine „echte Programmdebatte“ an – mit einem kleinen Seitenhieb auf die SPD, die nur ein Wahlmanifest vorbereitet.

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