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Politik: Willkommen, Mr. Steinmeier

Der neue Außenminister reist in die USA – das Misstrauen aus der Schröder-Zeit scheint verflogen

Vor dem Antrittsbesuch des neuen Außenministers Frank-Walter Steinmeier in den USA sind die Berichte der US-Medien über die große Koalition freundlicher geworden. Im Oktober war das Urteil noch vernichtend: Ihr fehlten Wille und Kraft zu Reformen, und unter einem SPD-Außenminister werde sich Kanzler Schröders amerikafeindlicher Kurs fortsetzen. Typisch für den Stimmungswandel ist ein Namensartikel Henry Kissingers in der „Washington Post“. Der frühere Außenminister wirbt um Vertrauen für Angela Merkel und ihre Koalition. Auch er habe „Stillstand befürchtet“, als sich das Bündnis abzeichnete. Jetzt aber setze er auf überfällige Reformen des Sozialstaats und eine Verbesserung der transatlantischen Zusammenarbeit.

Außenminister Steinmeier trifft heute Mittag in New York UN-Generalsekretär Kofi Annan am Sitz der Vereinten Nationen und am Nachmittag Vertreter jüdischer Organisationen in der Residenz des neuen deutschen Generalkonsuls in New York, Hans-Jürgen Heimsoeth. Am Dienstag spricht er in Washington mit seiner Kollegin Condoleezza Rice, ihrem Vize Robert Zoellick, einem mit Deutschland vertrauten Experten für Handelsfragen und Asienpolitik, sowie mit Stephen Hadley, dem Sicherheitsberater des Präsidenten. Abends fliegt Steinmeier zurück, um am Mittwoch bei Angela Merkels Regierungserklärung anwesend zu sein.

Steinmeier selbst wird in den USA wohl kaum mehr das Misstrauen zu spüren bekommen, das konservative Medien wie die „Washington Times“ Mitte Oktober geschürt hatten. Das Blatt, das den Puls der Republikanischen Partei wie der Bush-Regierung verlässlich fühlt, hatte damals geschrieben, der SPD-Außenminister werde Elemente von Schröders „aggressiv antiamerikanischer Außenpolitik fortsetzen“. Solche Kommentare werden nicht ausdrücklich korrigiert. Aus der US-Regierung sind aber andere Töne zu hören: Mit Steinmeier könne man gut, der habe als Kanzleramtschef Aufsicht über die Geheimdienste gehabt und Verständnis für Amerikas Sorgen wie Amerikas Antiterrorpolitik gezeigt. In dieser Sicht haben deutsche Besucher wie Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Öttinger (CDU) ihre amerikanischen Gesprächspartner bestärkt.

In den Berichten über die Kanzlerwahl in der vergangenen Woche ist der skeptische Unterton verschwunden, im Vordergrund steht Merkels Herkunft, der starke Einfluss ostdeutscher Politiker und der Generationswechsel, der sich in der neuen Regierung abzeichne. Das zuvor skeptische „Wall Street Journal“ betonte Deutschlands anhaltende Exportstärke. Auf wenig Verständnis stößt in den USA aber weiterhin, dass die Bundesregierung die Steuern erhöht, um den Etat zu sanieren, statt nach dem hier erfolgreichen Muster durch Steuersenkungen die Konjunktur anzukurbeln.

Das Thema, das deutsche Medien in erster Linie mit Steinmeiers Antrittsbesuch verbinden – Aufklärung über die angeblichen CIA-Geheimgefängnisse in Europa und den Transport Terrorverdächtiger, die angeblich unrechtmäßig gefangen gehalten werden, über europäische Flughäfen – spielt in den amerikanischen Blättern keine Rolle mehr. Die „Washington Post“ hatte als erstes Blatt am 2. November unter Berufung auf anonyme Quellen darüber berichtet. In den Folgetagen schilderten alle Zeitungen ihre Recherchebemühungen, fanden aber offenbar bisher keine zwingenden Belege.

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