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Politik: „Wir brauchen ihn ja noch“

Die CSU-Spitze bemüht sich nach der Aufregung um ihren Vorsitzenden Stoiber um Ruhe

Von Robert Birnbaum

Erwin Huber malt den Teufel an die Wand. Hubers Teufel sieht freilich so gar nicht diabolisch aus, sondern mehr wie ein großer, ruhiger Herr mit freundlichem Lächeln. In den Augen des bayerischen Staatskanzleichefs ist aber die Vorstellung, dass Horst Seehofer plötzlich CSU-Vorsitzender werden könnte, offenbar höllisch genug. Wenn man Edmund Stoiber in den Rücktritt treiben würde, gab Huber der CSU am Montag zu bedenken, werde wahrscheinlich Seehofer sein Nachfolger an der Parteispitze – die Aussicht erzeuge „wenig Begeisterung“.

Man kann aus diesen Sätzen schließen, dass sich die Führenden in der CSU inzwischen bemühen, die Wogen des allgemeinen Unverständnisses über Edmund Stoibers kurvenreiche Karriereplanung nicht zum Voralpen-Tsunami sich auftürmen zu lassen. Es ist nicht nur Huber, der sich im Wogenglätten übt. Auch andere Leute, die noch vor kurzem Stoibers plötzlichen Rückzug vom Super-Wirtschaftsminister in Berlin ins vertraute Ministerpräsidentenamt in München als unverständlichen Fehler einstuften, sagen jetzt Sätze wie: „Wir brauchen ihn ja noch“ oder auch: „Er ist halt trotzdem unser Bester.“ Stoiber ein wenig deckeln, ihm und seiner Staatskanzlei ein wenig die Autokratenmanieren austreiben ist die eine Sache – einen Parteichef und Ministerpräsidenten abservieren eine ganz andere. Daran mag sich keiner machen – Huber nicht, sein ebenfalls düpierter Mit-Nachfolgekandidat Günther Beckstein nicht, auch der neuerdings für seinen eigenen Geschmack zu laut genannte Fraktionschef Joachim Herrmann nicht.

Wohin die Reise gehen soll, sagt wieder Huber in der „Bild“-Zeitung: Die Landtagsfraktion erwarte am Mittwoch, wenn sie sich zur Diskussion mit Stoiber versammele, nicht nur allgemeine Erklärungen, sondern auch „konkrete Ankündigungen ... etwa über den künftigen Regierungsstil.“ Stoiber wisse auch, dass die Fraktion den Regierungssprecher Martin Neumeyer abgelöst sehen wolle. Neumeyer gilt als treibende Kraft hinter den Windungen und Wendungen der letzten Wochen, vor allem aber hinter dem Stil einsamer Entscheidungen. Auch ins Kabinett müsse neues, jüngeres Blut, nicht sofort, aber rechtzeitig vor der Landtagswahl 2008. Wobei Huber klar stellt, dass er nicht von sich spricht: er wolle Staatskanzleichef bleiben.

Kein Putsch also. Aber für bayerische Verhältnisse trotzdem sehr ungewöhnlich, und für Stoiber auch. Normalerweise erklärt der allen anderen die Welt. Jetzt soll er aller Welt erklären, was ihn nach München zurück getrieben hat.

Der Marathon von Selbsterklärungen beginnt am Dienstag Vormittag in der CSU-Landesgruppe. Der Jungabgeordnete Andreas Scheuer und sein Kollege Herbert Frankenhauser haben einer allgemeinen Stimmung Ausdruck verliehen mit der Forderung, man müsse gemeinsam erörtern, „wie wir uns künftig personell aufstellen“.Die Aussprache könnte ein bisschen unangenehm werden. Es folgt die Sitzung der Unionsfraktion. Die könnte für Stoiber noch unangenehmer werden, weil in der CDU sehr viele auf ihn sauer sind und keinen Grund zur Zurückhaltung haben. Dann am Mittwoch die Landtagsfraktion in München.

Die schwerste Aufgabe allerdings kommt dann erst. „An der Basis brodelt’s halt“, sagt ein Christsozialer. „Und die Leute einfangen, das kann er halt normal nicht so gut.“

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