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Politik: „Wir haben acht Jahre verloren“

Erhard Busek, Chef des Balkan-Stabilitätspaktes, über die Zukunft des Kosovo

Die EU soll nach den Plänen des UN-Sondergesandten für den Kosovo, Martti Ahtisaari, die Führungsrolle bei der Entwicklung der bislang serbischen Provinz übernehmen. Können die Europäer das überhaupt leisten?

Die Europäische Union hat sich vorgenommen, die Verwaltung des Kosovo zu übernehmen. Die entscheidende Frage wird sein, ob man dafür die geeigneten Leute findet. So viel Übung haben wir nicht mit Verwaltungs- und Entwicklungsassistenzen. Allein mit Diplomaten, Militär und Polizisten wird das nicht zu schaffen sein: Für die Heranbildung einer zivilen Gesellschaft braucht man schon ein breites Engagement. Für diese Aufgabe muss die EU Kapazitäten entwickeln. Es gibt keine Alternative: Die Europäer müssen diese Verantwortung übernehmen.

Deutschlands Außenminister Frank Walter Steinmeier hat die EU-Außenminister auf eine einheitliche Position in der Kosovo-Frage eingeschworen – die Europäer wollen Ahtisaaris Pläne bei den Beratungen im UN-Sicherheitsrat unterstützen...

Was Steinmeier gesagt hat, ist absolut richtig. Es ist ja ein europäisches Problem. Wir können uns nicht davor drücken.

Einige europäische Regierungen wie die Slowakei oder Spanien fürchten, ein unabhängiger Kosovo könne eine Signalwirkung für die Autonomiebestrebungen von Minderheiten in ihren Ländern haben oder zu Instabilität in der Regien führen. Was sagen Sie den Skeptikern?

Ich bestreite, dass es eine solche Wirkung gibt. Diese Argumente sind in Wahrheit der Versuch, freundliche Signale in Richtung Belgrad zu senden. Leider lösen sie das Problem nicht.

Warum ist es für die beteiligten Länder so schwierig, eine Entscheidung in Sachen Kosovo zu treffen?

Je länger wir einen Beschluss hinausschieben, desto schwieriger wird es. Es ist ohnehin schon sehr viel Zeit verloren worden. Der jetzige serbische Außenminister hat einmal gesagt: Ihr hättet Kosovo im Jahr 1999 zu einem selbstständigen Staat machen sollen. Da hat er nicht ganz unrecht. Wir haben acht Jahre verloren.

Das Gespräch führte Sarah Kramer.

Erhard Busek (66) ist seit 2002 Sonderkoordinator des Stabilitätspaktes für Südosteuropa. Davor war der Österreicher Regierungsbeauftragter für die Osterweiterung der EU.

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