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Politik: „Wir hatten keine Zeit zu reagieren“

Die Frau des erschossenen Touristen über die indonesische Militäraktion

Die deutschen Touristen Elisabeth und Lothar Engel reisten seit Februar 2001 auf Fahrrädern um die Welt. Im Westen Indonesiens fuhren sie ins Kriegsgebiet Aceh. Dort wurde Lothar Engel am Mittwochabend von indonesischen Soldaten erschossen. Seine Frau Elisabeth überlebte mit Schussverletzungen, sie hat immer noch eine Kugel im Knie. Mittlerweile liegt sie in einem Militärkrankenhaus in Indonesiens Hauptstadt Jakarta.

Wie geht es Ihnen?

Mir geht es den Umständen entsprechend gut, körperlich zumindest einigermaßen.

Sind Sie seit dem Vorfall gut behandelt worden?

Direkt nicht. Der Schock auf der anderen Seite war anscheinend auch recht groß. Es hat etwas gedauert, bis man darauf gekommen ist, mich zu behandeln. Aber dann war es anschließend sehr gut.

Sind Sie schwer verletzt worden?

Eigentlich nur leicht, ich habe eine Verletzung am Knie, und einige Streifschüsse haben mich getroffen. In Aceh haben Ärzte schon einen kleinen Eingriff vorgenommen, aber das war keine richtige Operation, wie ich jetzt erst erfahren habe. Es ist weder die Kugel entfernt worden, noch ist etwas repariert worden. Eine zweite Operation steht jetzt hier in Jakarta bevor, und vielleicht noch eine in Deutschland.

Stimmt die Schilderung des indonesischen Militärs? Haben die Soldaten zuerst gerufen und Warnschüsse abgegeben?

Sie haben mir gesagt, dass sie gerufen hätten, ich habe nichts gehört. Aber einen oder zwei Warnschüsse habe ich gehört.

War genug Zeit zum Reagieren zwischen den Warnschüssen und dem gezielten Beschuss?

Nein, da war keine Zeit. Es lag keine halbe Minute dazwischen. Es gab keine Zeit, darüber nachzudenken, was gerade passiert.

Sie waren in einem Zelt?

In einem offenen Moskitonetz, einem offenen Zelt. Und wir hatten eine Kopflampe, weil wir gelesen haben. Um uns herum war es dunkel. Ich konnte die Soldaten nicht sehen, und die haben wahrscheinlich nur die Lampe gesehen.

Sie wussten, dass Sie in einem gefährlichen Gebiet sind?

Im Grunde schon. Dass da Krieg herrscht und dass es ein gefährliches Gebiet ist, wusste ich. Ich ging aber davon aus, das haben mir Einwohner auch immer wieder bestätigt, dass Touristen eigentlich nicht gefährdet sein sollten. Ich glaube, einmal hat es auch ein Polizist gesagt. Was ich sagen muss, das gebe ich auch zu: Es war leichtsinnig von uns, draußen zu übernachten. Das ist klar, da muss ich dem Militär Recht geben.

Tragen die Soldaten Schuld, oder glauben Sie, dass sie nicht anders handeln konnten?

Ich sehe die Schuld darin, dass sie so schnell geschossen haben nach den Warnschüssen. Wir haben ja weder versucht wegzulaufen, noch haben wir zurückgeschossen. Dann muss man eigentlich darauf kommen, dass da nicht gerade Terroristen hocken.

Das Gespräch führte Moritz KleineBrockhoff.

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