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Politik: „Wir können den Krieg noch stoppen“

Die US-Aktivistin Phyllis Bennis über die Initiativen der amerikanischen Friedensbewegung

Wie breit ist die USFriedensbewegung?

Das hängt davon ab, ob Sie die Menschen auf der Straße meinen oder diejenigen Kräfte, die auf Vorsicht drängen. Wenn man letztere mit einbezieht, dann ist sie riesig. Es gibt Menschen wie wir, die sich Sorgen machen um das irakische Volk, aber es gibt auch Leute, die sagen, jetzt sei nicht die richtige Zeit für Krieg, oder das Leben von US-Soldaten sei zu wertvoll für diesen Krieg. Die Antikriegsgefühle sind bereits zum Mainstream geworden, sind in den Chefetagen angelangt. Das bedeutet nicht, dass wir bereits eine Mehrheit hätten. Aber mindestens zwei Drittel aller Befragten wollen keinen Krieg ohne UN-Mandat.

Wer meldet sich jetzt in der Öffentlichkeit zu Wort? Sind das nur die üblichen Verdächtigen, die Linken?

Diese Demonstrationen waren die größten seit einer Generation. Und die breitesten und buntesten. Und selbst Konservative werden jetzt lautstark. Ein Beispiel: Vor etwa drei Wochen erschien eine Anzeige im „Wall Street Journal“, die ungefähr 50 000 Dollar gekostet hat, unter der Überschrift „Republikaner gegen den Krieg“. Unterzeichnet war sie von 50 reichen Sponsoren der republikanischen Partei, die Bushs Wahlkampf mitfinanziert hatten. Der Text lautete sinngemäß: Lieber Mr. Präsident, wir haben den Golfkrieg von 1991 unterstützt, auch den in Afghanistan, wir würden auch einen gerechten Krieg unterstützen. Aber wir fühlen uns verraten. Wir wollen unser Geld zurück. Und wir wollen unser Land zurück. Diese Leute, die ihre eigenen Gründe dafür haben, gegen den Krieg zu sein, sind durch die Aktionen auf den Straßen ermuntert worden, auf ihre Weise ihren Protest zu zeigen. Die Chefetagen sind Teil der Antikriegsbewegung geworden.

Wie kam die Kampagne „Städte für den Frieden“ zustande, die jetzt bereits rund 100 Städte und Gemeinden umfasst?

Das war eine Kampagne, die mein Institut gestartet hat, und es nehmen viele Städte teil, die nicht gerade progressiv regiert werden, Chicago zum Beispiel. Atlanta ist dabei, Baltimore, Philadelphia, Seattle – die großen Städte. Und die kleinen Gemeinden. Ihre Begründungen sind verschieden, aber alle fragen: Wer zahlt den Preis dafür? Wenn der Krieg 100 Milliarden Dollar kosten wird, wie eine vorsichtige Schätzung besagt, dann müssen die Steuerzahler von New York State sieben Milliarden dazu beitragen. Was könnte man mit diesem Geld alles machen angesichts der schlechten Schulen, des kollabierten Sozialversicherungssystems, statt sie in diesem dummen Krieg zu verschwenden!

Was will die Friedensbewegung in den nächsten Wochen unternehmen?

Eine der Möglichkeiten, die wir gerade diskutieren, ist ein Aufruf zu koordinierten weltweiten lokalen Aktionen. Am 15. Februar wurde in 600 Städten demonstriert, wenn das lokal gemacht wird, könnten es 6000 und mehr sein, die vor irgendeiner US-Einrichtung demonstrieren. Ob vor Botschaften oder Körperschaften oder vor McDonalds, das muss jeder Stadt selbst überlassen bleiben. Die Cities for Peace sollten sich natürlich beteiligen, und ich hoffe, Berlin ist dabei.

Sie sind also optimistisch?

Ich kann nicht sagen, ein Erfolg sei wahrscheinlich. Aber eins weiß ich: Der Krieg ist nicht unvermeidlich. Wer das sagt, fällt bereits auf die US-Regierung herein, die die Sichtweise vorgibt, der Krieg sei nicht zu vermeiden. Sie will die Menschen entmutigen. Ich denke schon, wir können den Krieg noch stoppen. Wir haben eine unglaublich breite internationale Bewegung auf unserer Seite. Wir haben die UN auf unserer Seite. Momentan. Wir haben die deutsche und französische Regierung auf unserer Seite. Momentan. Das sind starke Hebel.

Das Gespräch führte Ute Scheub.

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