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Politik: „Wir können ein zweistelliges Ergebnis erreichen“

Grünen-Parteichef Reinhard Bütikofer über die Auswirkungen des Bremer Erfolgs auf die Bundespolitik

Herr Bütikofer, zeigen Sie uns bitte mal Ihre Schuhsohlen. Steht da schon eine „18“ drauf, weil die Grünen nach Bremen nun das „Projekt 18 Prozent“ ausrufen wie einst die Liberalen?

Meine Schuhsohlen zeigen höchstens die Spuren vom Wahlkampf, da habe ich sie fast durchgelaufen. Aber im Ernst: Das Ergebnis von Bremen kann man nicht direkt auf den Bund hochrechnen. Es zeigt aber, dass wir wachsen können. In Bremen haben wir das ehrgeizige Ziel von 15 Prozent übertroffen. Eine Partei im Aufwind kann auch im Bund das ehrgeizige Ziel erreichen, zweistellig zu werden. Das Land will mehr Grün.

Was ist das wichtigere Ereignis – das Abschneiden der Grünen oder die Veränderung der parteipolitischen Landschaft durch die Etablierung der Linkspartei im Westen?

Beide Ergebnisse haben ihre eigene Bedeutung. Das der Linkspartei zeigt in die Vergangenheit, unseres nach vorne. Es beweist auch, dass die Ökologie tatsächlich zu einem Hauptthema geworden ist. Viele haben behauptet, die Grünen verlieren, wenn die Klimadebatte ins Zentrum der Politik rückt. Bremen zeigt das Gegenteil.

Sie drängen auf Rot-Grün. Was hätte die Bundes-SPD davon?

Die SPD steht nach den Erfolgen der Grünen und der Linkspartei in Bremen vor einer großen Frage: Wie will sie unter Beweis stellen, dass sie die Gefährdung ihrer Mehrheitsfähigkeit durch die Linkspartei abwehren kann, wenn sie nicht einmal dort eine Alternative zur großen Koalition eingeht, wo es eine stabile und inhaltliche Basis für eine rot-grüne Regierung gibt?

Koalitionen mit den Grünen als ein Mittel der SPD, die Linkspartei zu bekämpfen?

Die Frage der sozialen Gerechtigkeit ist für die SPD eine Identitätsfrage, und genau dort gerät sie unter massiven Druck der Linkspartei. Wenn sie nicht den Ausweg findet aus dem Stillstand und zähen Gewürge der großen Koalition, wird sie die lebensgefährliche Attacke nicht abwehren können.

Manche in der SPD – Stichwort Klaus Wowereit – sehen in der Linkspartei auch einen potenziellen Koalitionspartner im Bund. Werden die Grünen als Koalitionspartner der SPD unwichtig?

Nein. Diese strategische Entscheidung von Klaus Wowereit hat ihn seit seinem Berliner Wahlsieg in die Ecke manövriert. Sein Stern, der vorher im Aufstieg begriffen schien, hat doch erheblich an Strahlkraft verloren.

Gibt es etwas, das Sie von ihren erfolgreichen Bremer Parteifreunden lernen wollen?

Unsere Bremer Spitzenkandidatin Karoline Linnert hat beispielhaft gezeigt, wie sich eine langjährige seriöse und verlässliche Sozial- und Finanzpolitik in der Opposition auszahlt. Im Wahlkampf hat mich zudem beeindruckt, wie klar Karoline Linnert vom „Dienen“ redete, wenn sie von der Arbeit der Politiker sprach. Dieser politische Stil hat die Menschen angesprochen.

Sie wollen sagen: Demut erleben, heißt Grün wählen?

Müsste man sich schämen, wenn es so ist?

Die Fragen stellte Hans Monath.

Reinhard Bütikofer (54), gebürtiger Mannheimer, ist seit 2002 Bundesvorsitzender der Grünen. Davor war er Parteigeschäftsführer und in der baden- württembergischen Landespolitik aktiv.

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