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Politik: Wir können was dafür

IN DER REZESSION

Von Alfons Frese

Unsere Leistung lässt nach. Auch im zweiten Quartal dieses Jahres hat Deutschland weniger Güter produziert und Dienstleistungen erbracht als im Quartal zuvor. Wir stecken also in einer Rezession. Natürlich hat das auch weltwirtschaftliche Gründe, da hat der Bundeswirtschaftsminister Recht. Die Exportnation Deutschland ist zweifellos stärker als andere betroffen, wenn Sars Asien verunsichert, Kriege und Terror den Handel beeinträchtigen und der Euro so stark wird, dass in manchen Ländern deutsche Waren zu teuer werden. Doch über Wohl und Wehe des Standorts Deutschland, über Investitionen und Arbeitsplätze wird immer noch hier entschieden. Wenn unsere Leistungen nachlassen, sollten wir die Ursache der Schwäche nicht im Ausland suchen.

Finanzminister Hans Eichel reagiert gelassen auf die Wirtschaftskrise. Er glaubt an den Aufschwung. Durch das Vorziehen der Steuerreform von 2005 auf 2004 lasse die Regierung den Bürgern mehr Geld in der Tasche. Dieses Geld, glaubt Eichel, geben wir dann für Möbel, Autos und neue Kleider aus. Die Firmen müssen dann mehr Möbel, Autos und Kleider produzieren, dafür brauchen sie neue Maschinen und neue Mitarbeiter. Es wird also investiert und eingestellt – der Aufschwung ist da, und die Arbeitslosen finden Arbeit. Das wäre schön. Aber wenn das so funktioniert: Warum haben Eichel und sein Chef Gerhard Schröder dann vor einem Jahr die Steuerreform 2003 auf 2004 verschoben? Gewiss, zur Behebung der Flutschäden musste Geld aufgetrieben werden. Aber jetzt ist die Finanznot noch viel größer geworden. Ob die Steuerreform wirklich vorgezogen wird? Nichts Genaues weiß man nicht.

Da liegt die wirkliche Schwäche Deutschlands: Es gibt keine Kontinuität und Stabilität. Weil die Regierung keine richtige Vorstellung hat von Deutschland im Jahr 2010 und sich lieber von einer Stimmung zur nächsten tragen lässt. Und so ist die Stimmung immer schlechter geworden – die Stimmung der Unternehmen und der Konsumenten. Die Firmen scheuen Investitionen, wenn sie nicht wissen, welche Steuerbelastungen auf sie zukommen. Und die Verbraucher kaufen sich kein neues Auto, wenn offen ist, wie viel künftig die Gesundheit kostet und die Rente bringt. Die Leute sitzen auf ihrem Geld, weil sie Angst haben vor der Zukunft und ihrer Regierung inzwischen alles zutrauen.

Die gute Laune des Bundeskanzlers wird deshalb den Leuten ihre Angst nicht nehmen. Weil hinter Schröders Agenda 2010 ein schwer durchschaubares Geflecht von Maßnahmen steckt. Und wer weiß schon, ob das alles einen Sinn ergibt und wirklich zu einer effizienteren Verteilung der Ressourcen beiträgt?

Auf den ersten Blick steckt vor allem viel Hoffnung hinter der Agenda: Arbeitnehmer und Patienten müssen selbst mehr bezahlen; das reduziert die Sozialbeiträge für die Firmen, was diese zu zusätzlichen Einstellungen veranlassen könnte. Und wenn Arbeitslose weniger Geld kriegen, springen sie nach der Regierungslogik aus der sozialen Hängematte und gehen arbeiten. Nur: Wo gibt es die Arbeitsplätze?

In auskömmlichem Maße sind das jedenfalls nicht MiniJobs oder irgendwelche Hartz-Module. Für Arbeitsplätze brauchen wir Investitionen. Diese fallen aber nicht vom Himmel. Investiert wird nur, was sich rechnet. Wenn die Rahmenbedingungen, also Kosten, Auflagen, Bürokratie, verträglich und Absatzmärkte vorhanden sind. Wenn man weiß – ob als Verbraucher oder als Investor –, was auf einen zukommt. Und nicht alle paar Monate von der Regierung verwirrt wird.

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