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Politik: "Wir müssen mit Haider diskutieren" - Gregor Gysi, PDS-Fraktionschef im Bundestag, über den FPÖ-Chef

Gregor Gysi (52) ist seit 1990 Vorsitzender der PDS im Bundestag. Mit dem gelernten Juristen sprach Armin Lehmann über die Gefährlichkeit von FPÖ-Chef Jörg Haider.

Gregor Gysi (52) ist seit 1990 Vorsitzender der PDS im Bundestag. Mit dem gelernten Juristen sprach Armin Lehmann über die Gefährlichkeit von FPÖ-Chef Jörg Haider.

Herr Gysi, würden Sie gerne mit Jörg Haider diskutieren?

Nein.

Überhaupt nicht oder nur ungerne?

Ungerne, denn ich sitze da zwischen Baum und Borke. Einerseits bin ich dagegen, ihn aufzuwerten, ihn hoffähig zu machen. Auf der anderen Seite bringt es nichts, Realitäten zu ignorieren. Man muss mit ihm diskutieren, um Menschen davon zu überzeugen, dass seine Positionen falsch sind. Und das habe ich auch schon versucht.

Was würden Sie ihm sagen?

Meines Erachtens schwimmt Haider auf der Welle, dass der europäische Integrationsprozess, die gesamte Internationalisierung und Globalisierung bei vielen Menschen Ängste auslöst, Gewohntes zu verlieren und im Neuen eher unterzugehen; ohne Halt zu bleiben. Haider führt eine Art Kulturkampf des Nationalismus gegen notwendige internationale ökonomische und politische Prozesse. Dabei geht er so weit, den Rassismus zu bedienen, Ängste nicht nur zu nutzen, sondern auch zu schüren. Das bedarf einer Entlarvung.

Also, was würden Sie ihm sagen?

Ich würde ihm sagen, dass er ein Mann der überwunden geglaubten Vergangenheit ist, einer, der mit Zukunft nichts zu tun hat.

Daniel Cohn-Bendit hat in der ARD-Sendung "Sabine Christiansen" heftig kritisiert, dass Haider dort als Gast wieder ausgeladen wurde. Hat die ARD eine Chance vertan, einen Populisten zu demaskieren?

Ich bin nicht sicher, wie gut die Sendung vorbereitet war. Wenn man sich mit Haider einlässt, braucht man gute Gesprächspartner und einen Fundus von Haider-Zitaten. Er spielt gerne, einmal den Demokraten, dann wieder den Rassisten. Ich bin noch nicht einmal sicher, ob er Rassist ist, aber er nutzt ihn bei Bedarf. Wie gesagt, eine gute Vorbereitung der Sendung ist wichtig.

Was ist das Gefährliche an Haider?

Dass er an den inneren Schweinehund im Menschen appelliert, durchaus mit Erfolg, dass er vorhandene Ängste nutzt, um darauf Antworten von vorgestern zu geben. Antworten, die den Menschen vertrauter sind als Antworten von morgen. Ich glaube, dass er insgesamt keine Zukunft hat, nur eine Gegenwart, die aber länger andauern kann.

In Österreich tut man sich schwer, über Ursachen von Haiders Erfolg zu reden. Was lehrt uns Haiders Erfolg?

Wir müssen den EU-Integrationsprozess mit sozialer Sicherheit verbinden. Das muss eine Lehre sein. Wenn uns das nicht gelingt, wird ein Populismus, der sich aus Nationalismus, Rassismus und sozialen Phrasen mischt, Erfolg haben. Menschen müssen den Abbau von Nationalstaatlichkeit als Chance begreifen können, nicht als Verlust.

Herr Gysi[würden Sie gerne mit Jörg Hai]

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