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Politik: „Wir sind korrupt“

Sogar die Regierung sagt: Bestechung gehört in Nigeria dazu

Wenn Nigerias Präsident Olusegun Obasanjo an diesem Freitag nach Berlin kommt, stellt er sich scharfen Kritikern. Denn wieder hat die Organisation Transparency International sein Land nach Bangladesh als zweitkorruptesten Staat der Welt eingestuft. Obasanjo will nun gemeinsam mit Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul Transparency International besuchen.

Als „Saubermann“ war der Präsident vor vier Jahren angetreten, plötzlich hingen am Flughafen von Lagos Plakate gegen Korruption. „Verlangt man Geld von Ihnen? Rufen Sie die folgende Telefonnummer an…“ Doch auch sie verhinderten nicht, dass Zollbeamte nach einem „Geschenk“ fragten. Mittlerweile sind die Plakate verschwunden, die Korruption herrscht nach wie vor in Afrikas größtem Ölexportland.

Am sichtbarsten ist sie auf den Straßen, wo Polizisten auch Autos von Ausländern stoppen und wegen kleinster Mängel Geld kassieren. Kürzlich versprach der Polizeichef eine Säuberungsaktion und die Beseitigung aller Straßenblockaden. Geschehen ist nichts. „Die meisten Nigerianer sehen Bestechung als eine Art Lebensstil“, schreibt Zebulon Agomuo in der nigerianischen „Daily Times“. Sogar Studenten würden ihre Professoren für gute Prüfungsergebnisse bezahlen.

„Die Korruption ist Ursache für 50 Prozent aller Probleme Nigerias, an denen unsere Wirtschaft erstickt“, sagte kürzlich Peter Obi, Direktor der Zenith Bank Nigeria. Die von Obasanjo ins Leben gerufene Anti-Korruptionskommission (ICPC) hat es in drei Jahren Arbeit zu keiner einzigen Verurteilung eines höheren Beamten oder Politikers gebracht. Derzeit prüft sie Vorwürfe gegen einen Minister, der sich in seiner früheren Eigenschaft als Direktor der Behörde für Staatsunternehmen ungeniert Häuserkredite genehmigt haben soll und seine Freundin, eine frühere Kassiererin, zur Leiterin der Finanzabteilung gemacht hatte. Hinweise auf Stimmenkauf im Parlament häufen sich. Versteckter läuft die Korruption im Ölsektor ab. „Die meisten Bestechungsfälle sind mit Geschäften internationaler Konzerne verbunden“, sagte ein Mitglied der Kommission für Wirtschafts- und Finanzverbrechen der Agentur Irin. So soll die nigerianische Niederlassung des US-Konzerns Halliburton im Jahr 2000 etwa 2,4 Millionen Dollar an einen Beamten gezahlt haben, um die Steuerlast in Nigeria zu mindern.

„Ja, wir sind korrupt. Aber nicht in dem Maße, wie man es uns vorwirft“, kommentierte ein Regierungssprecher den Bericht von Transparency International. Man habe die Bemühungen Obasanjos „nicht genug gewürdigt“.

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