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Politik: „Wir wollen soziale Balance“

Roland Koch sieht vor allem den Mittelstand benachteiligt

Die Regierung will die Steuerreform 2003 aussetzen - stimmt Hessen zu?

Niemand kann sich der jetzigen Notlage entziehen. Wir haben auch kein Problem, mit der Regierung über den jetzt vorgeschlagenen Weg zu verhandeln. Aber es bleibt dabei: Jeder Verzicht auf Steuerreform schadet dem Wirtschaftswachstum. Außerdem belastet der Weg der Bundesregierung einseitig die Bezieher niedriger Einkommen und den Mittelstand unter völliger Freistellung der großen Unternehmen. Das machen wir nicht mit. Das muss korrigiert werden.

Kurios: Die Union fordert Steuererhöhungen.

Falsch. Das Paket der Bundesregierung würde auf eine Steuererhöhung hinauslaufen. Die Union wird nicht das Spiel mitmachen, dass beschlossene Steuersenkungen, die zurückgenommen werden, für gut und ein symmetrisches System der Belastung aller für schlecht erklärt wird. Den Beziehern niedriger Einkommen und dem Mittelstand will die Bundesregierung eine lange versprochene Entlastung wegnehmen, die eigentlich die Benachteiligung des Mittelstands gegenüber den Großunternehmen verringern sollte. Was nicht geht, ist, dass die ohnehin von Rot-Grün massiv bevorzugten Großunternehmen wieder unangetastet bleiben. Wir müssen die soziale Balance wahren.

Die Union hat Steuererleichterungen versprochen. Ist das jetzt obsolet?

Nein. Die Bundesregierung ist dabei, ihre Versprechungen vom Tisch zu nehmen und Mittelständlern und Beziehern niedriger Einkommen die ganze Last der Solidarität aufzubürden. Das machen wir nicht mit. Ich hoffe auch sehr, dass man einen Rest von Wachstumsimpulsen in Form von Steuersenkungen für diese Gruppen retten kann. Wir brauchen dringend Wirtschaftswachstum.

Wird es noch vor der Wahl eine Vereinbarung zwischen Bund und Ländern geben?

Das liegt nicht an uns. Wir sind ja bereit, darüber zu verhandeln. Wobei man auch die Frage klären muss, ob man überhaupt die Steuerreform antasten muss. Ich halte das nicht für unbedingt notwendig.

Was würden Sie denn statt dessen tun?

Die Bundesregierung hat dieses Jahr einen Bundesbankgewinn von acht Milliarden Euro eingenommen. Davon gehen 3,5 Milliarden in den Erblastentilgungsfonds. Der Rest steht zur Verfügung, und zwar heute. Das Geld wäre also an anderer Stelle vorhanden. Eine Katastrophe aus der Liquidität zu finanzieren ist eine hoch riskante Veranstaltung.

Warum sagt Hessen dann nicht im Bundesrat Nein?

In einer solchen Lage ist es auch vor einer Wahl richtig, dass nicht der eine wie ein Panzer auf den anderen knallt. Deswegen sind wir bereit, auf die Regierung ein Stück zuzugehen. Aber wir werden unsere Prinzipien nicht aufgeben. Wir wollen die soziale Symmetrie sichern und dafür sorgen, dass Wachstumsimpulse für das nächste Jahr geschaffen werden.

Das Gespräch führte Robert Birnbaum.

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