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Politik: Wird Bushs Vertrauter angeklagt?

Auch kleine Lecks können zerstörerische Folgen haben. Möglicherweise muss sich Präsident George W.

Auch kleine Lecks können zerstörerische Folgen haben. Möglicherweise muss sich Präsident George W. Bush in dieser Woche von seinem wichtigsten Politikberater trennen, Karl Rove. Das würde wohl unausweichlich, wenn Staatsanwalt Patrick Fitzgerald nach anderthalb Jahren Untersuchung der „Leak-Gate“ genannten Affäre Anklage gegen Rove erhebt: Er habe mitgewirkt bei der Enttarnung der CIA-Agentin Valerie Plame 2003.

Am Wochenende erhielt Amerika Einblick in die Zerrüttung einer anderen Beziehung durch „Leak-Gate“: zwischen der „New York Times“ und ihrer Reporterin Judith Miller, die als Star galt, den Pulitzerpreis erhielt und kürzlich 85 Tage in Beugehaft saß, weil sie sich weigerte, der Untersuchungskommission Auskunft über ihre Gesprächspartner zu geben. Am Ende sagte die 57-Jährige doch aus, nachdem ihre Quelle, Vizepräsident Cheneys Stabschef Lewis Libby, sie von der zugesagten Vertraulichkeit ausdrücklich befreit hatte.

In der Sonntagsausgabe berichtet die „New York Times“ ausführlich über die Verwicklung ihrer Reporterin in die Affäre und den verlorenen Rechtsstreit um den Informantenschutz. Dabei gab sie in beispielloser Offenheit interne Konflikte preis. Miller habe sich selbst als „Mrs. Amokläuferin“ bezeichnet und befragt, was sie damit meine, gesagt: „Ich kann tun und lassen, was ich will.“ Immer schwieriger sei der Spagat geworden, Miller mit ihrer Aussageverweigerung zu unterstützen und dennoch in der weiteren Berichterstattung mit der Konkurrenz mitzuhalten. Aus anderen Blättern erfuhren frustrierte Reporter, dass die Quelle, die Miller schützte, Cheneys Stabschef Libby war. Die Führung der „Times“ wusste das schon lange, schwieg aber aus Solidarität mit Miller. „Während die Meinungsseite sie verteidigte, wurde die Nachrichtenredaktion von der Konkurrenz mehr als einmal überrascht mit Neuigkeiten über ihren Fall“, berichtet die Zeitung aus ihrem Innenleben. „Manche Kollegen weigerten sich, mit Miller zu arbeiten.“

So kommen all die Konflikte um das Für und Wider des Irakkriegs wieder an die Oberfläche. Miller war 2002 eine Kronzeugin für Saddams angebliche Massenvernichtungswaffen. Sie hatte sich dabei vor allem auf Quellen in der Bush-Regierung verlassen. 2003 zogen die Herausgeber diese Berichte in einem ungewöhnlichen Schritt als „nicht zutreffend“ zurück. Miller hatte nun den Auftrag, die Ursachen der Fehlannahmen herauszufinden. In diesem Zusammenhang traf sie sich Ende Juni 2003 mit Libby, das Gespräch kam auch auf Sonderbotschafter Joseph Wilson. Der war 2002 nach Niger geschickt worden, um den Vorwurf zu prüfen, Saddam versuche dort Uran für die Waffenproduktion zu kaufen. Er fand aber keine Belege. Dennoch hielt Präsident Bush weiter öffentlich an dem Vorwurf fest.

Am 6. Juli 2003 warf Wilson dem Weißen Haus in einem Kommentar in der „New York Times“ vor, Geheimdienstmaterial zu manipulieren, um den Irakkrieg zu rechtfertigen. Wenige Tage später standen Deck- und Klarname seiner Frau in mehreren Blättern. Sie war die CIA-Mitarbeiterin „Valerie Plame“ – und offenbar die treibende Kraft gewesen, Wilson nach Niger zu schicken. Die Quellen, die die Medien auf diese Spur brachten, waren Karl Rove und Lewis Libby.

Amerika rätselt weiter, wer sich damals gegen wen verschwor, wer heute noch wen schützt – und wartet gespannt auf das Resumee des Staatsanwalts Patrick Fitzgerald und mögliche Anklagen.

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