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Der frühere Bundesumweltminister Klaus Töpfer.

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Exklusiv

Wird der Strom unbezahlbar?: Töpfer wirft Parteien bei Energiewende-Debatte Unredlichkeit vor

Der frühere Umweltminister Klaus Töpfer wirft den Parteien vor, die Debatte um die Kosten der Energiewende auszunutzen. Er will die tatsächlichen sozialen Auswirkungen der Energiewende messen.

Der Potsdamer Nachhaltigkeitsforscher Klaus Töpfer hat allen Parteien in der Diskussion über die Strompreise und ihre sozialen Wirkungen einen Mangel an Redlichkeit vorgeworfen. Der frühere CDU-Politiker sagte dem Tagesspiegel, die Debatte sei „emotional, aber nicht faktenorientiert“ geführt worden: In der Diskussion über die Frage, ob die Energiewende für die Armen in Deutschland unbezahlbar werde, sei „gerade dieser Mangel an Fakten unbewusst, teilweise aber auch schamlos bewusst ausgenutzt worden ist, um ganz andere Botschaften zu verbreiten.“ Das sei „besonders besorgniserregend, wenn es um die soziale Dimension geht“. Gerade dort brauche man Fakten, „die man dann nutzen kann, um Fehlentwicklungen zu erkennen und sie zu verändern“.

Töpfer will messen, ob die Energiewende soziale Auswirkungen hat

Der frühere Bundesumweltminister und Chef des Umweltprogramms der Vereinten Nationen hat 2009 das Forschungsinstitut IASS gegründet. Um „Scheinlösungen“ von tatsächlichen Problemlösungen unterscheiden zu können, schlägt das IASS nun vor, die Verteilungswirkungen der Energiewende anhand von mehreren neuen Indikatoren zu beschreiben. Dabei geht es Töpfer um die Verteilung der Kosten für den Ausbau der erneuerbaren Energien aber auch darum, wer von der EEG-Umlage profitiert. Töpfer will so „die sozialen Wirkungen der Energiewende messen“.

Der Berliner Energieexperte Hans-Joachim Ziesing gehört der Monitoringgruppe an, die im Auftrag der Bundesregierung einmal im Jahr einen Bericht über den Fortgang der Energiewende vorlegen soll. Zwar hält sich seine Begeisterung für „noch mehr Indikatoren“ zur Messung der Wirkungen der Energiewende in Grenzen. Aber den Ansatz, „die Verteilungswirkung in den Blick zu nehmen, finde ich richtig“, sagte er dem Tagesspiegel. Er sieht das größere Problem bei der Gebäudesanierung, „wenn sie endlich so umgesetzt wird, wie es klimapolitisch notwendig ist“. Ziesing könnte sich dafür einen „Schwellenwert beim Einkommen“ der Haushalte vorstellen, bis zu dem für die betroffenen Haushalte eine „Warmmietengarantie“ geleistet wird. Gehen die Mieterhöhungen aufgrund der Kosten für die Gebäudesanierung darüber hinaus, könnte es als Ausgleich dafür einen öffentlichen Zuschuss geben. Etwas ähnliches werde schließlich auch jetzt schon bei der energieintensiven Industrie gemacht. Diese zahlt weder die Ökosteuer, nur einen niedrigen Beitrag zur EEG-Umlage und meistens auch keine Netzentgelte.

Nach Auffassung des Vorsitzenden der Monitoringgruppe, des Mannheimer Professors Andreas Löschel sollten „die sozialen Wirkungen der Energiewende im Monitoring Beachtung finden“. Wie das geschen solle, müsse aber noch intensiv diskutiert werden.

Die Bundesregierung reagiert zurückhaltend auf Töpfers Vorschläge

Die Bundesregierung reagierte zurückhaltend auf die Vorschläge Töpfers. Ein Sprecher des BMU sagte dem Tagesspiegel, der Monitoringbericht solle „kurz und prägnant“ gehalten werden. „Aber bei der künftigen Ausgestaltung der Energiepolitik spielen solche Überlegungen eine wichtige Rolle“, sagte er. Das Wirtschaftsministerium argumentiert ähnlich. Zudem habe es vor der Festlegung der Indikatoren eine breite öffentliche Diskussion gegeben, es seien zahlreiche Ergänzungen vorgeschlagen und aufgenommen worden. Das Monitoring stützte sich auf öffentlich zugängliche und überprüfbare Fakten. „Anhand von 49 Indikatoren wird ein Überblick über den Stand der Energiewende gegeben“, teilte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums mit. Das Ministerium sagte aber zu, die Vorschläge des IASS zu prüfen. Das Institut habe aber bereits selbst darauf hingewiesen, „dass die Erhebung bestimmter Indikatoren schwierig ist“.

Klaus Töpfer wies im Interview mit dem Tagesspiegel darauf hin, dass die deutsche Solarförderung trotz aller Kritik an den Kosten dazu beitragen könne, „eine im besten Sinne globalisierungsfähige alternative Energieversorgung möglich zu machen“.

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