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Donald Trump will einen friedlichen Machtwechsel nicht garantieren – das antwortete er auf eine Frage des Reporters Brian J. Karem.

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Wird Donald Trump eine Niederlage akzeptieren?: „Ja, aber wenn er geht, wird es sicherlich Gewalt geben“

Brian J. Karem fragte Trump nach einer möglichen Niederlage. Die Antwort ging viral. Im Interview spricht er über Trump und warum er einen Bürgerkrieg fürchtet.

In einem Video, das sich am Donnerstag rasend schnell verbreitete, ist ein US-Reporter zu sehen, wie er Präsident Donald Trump auf einer Pressekonferenz im Weißen Haus eine folgenreiche Frage stellt. „Können Sie den friedlichen Machtwechsel garantieren?“

Der Fragesteller ist Brian J. Karem, „Playboy“-Korrespondent im Weißen Haus. Trumps Antwort ging kurz darauf um die Welt: „Wir werden sehen, was passiert.“

Es war eine Antwort, mit der Karem nicht gerechnet hatte und die in den USA eine Debatte auslöste, wie nah Trump schon an einem Autokraten ist. Prominente Republikaner beeilten sich klarzustellen, dass die Partei natürlich für eine geordnete Machtübergabe eintrete.

Der 59-Jährige Karem ist seit 37 Jahren Journalist und berichtet für den „Playboy“ – der in den USA durchaus auch einen publizistischen Anspruch hat – seit Jahren aus dem Weißen Haus. Darüber hinaus arbeitet er auch für den renommierten TV-Sender CNN. Er ist in Besitz des „hard pass“ – eines Presseausweises, der ihm permanenten Zugang zum Regierungsflügel des Weißen Hauses ermöglicht.

Sein Verhältnis zu Trump ist, gelinde gesagt, angespannt – vor einem Jahr versuchte ihm das Weiße Haus den Ausweis zu kündigen. Daraus wurde aber nichts. Wir erreichen Karem über Zoom in seiner Wohnung in Washington, D.C.

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Herr Karem, nachdem die Pressekonferenz im Weißen Haus vorbei war, haben Sie auf Twitter geschrieben, dass es „die erschreckendste Antwort auf eine Frage war, die ich jemals erhalten habe“. Warum waren Sie so schockiert?
Weil das Grundlegendste der Demokratie, ist, einen friedlichen Machtwechsel zu ermöglichen. Wenn man also verliert, muss man das nicht mögen. Doch unser Land ist größer und ist mehr als ein einzelner Mensch.

Deshalb muss man den Weg frei machen für den nächsten Präsidenten – und ihn unterstützen. Dass Donald Trump dazu ‚Nein‘ sagt, ist ein Zeichen seiner Tyrannei und dafür, dass er ein Gewaltherrscher ist. Sein Verhalten verstößt gegen alles, wofür unser Land steht. Und das ist erschreckend.

Wenn das für Sie so offensichtlich ist, warum unterstützen ihn dann so viele Amerikaner?
Weil sie gefühlskalt sind. Donald Trump hat sie zu gefühlskalten Personen gemacht. Für sie ist er ihr Team – so als würden sie eine Fußballmannschaft unterstützen. Und sie stehen zu ihrem Team, koste es, was es wolle. Das ist beängstigend, weil sie Fakten ignorieren und sich wider jegliche Logik verhalten.

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Demnach dürfte die Antwort auf ihre Frage doch gar nicht so schockierend gewesen sein?
Ich glaube, schon als er sich damals zum Kandidaten erklärt hat und mich wie alle Reporter, die ihm nicht passten, als ‚Fake News‘ und Staatsfeind bezeichnet hat, hätten wir ahnen können, was folgt. Als er behauptet hat, dass seine die größte Amtseinführung der US-Geschichte gewesen sei, hat er gelogen – und er wusste, dass er gelogen hatte.

Wer sich danach nicht vorstellen konnte, was später dann tatsächlich passiert ist, war ein Depp. Es ging immer nur darum: Donald Trump weiß es am besten – und alle anderen wissen nichts. Er ist eine furchterregende Person in vielerlei Hinsicht. Donald Trump ist ein gescheiterter, narzisstischer Tyrann.

Und trotzdem hat er die Chance, weitere vier Jahre US-Präsident zu bleiben.
Ja, aber die Tür, durch die er durchgehen muss, schließt sich immer weiter. Ich glaube nicht, dass er wiedergewählt wird. Trump schaufelt sich ein immer tieferes Loch. Wenn er einfach mal den Mund halten würde, hätte er wahrscheinlich eine bessere Chance zu gewinnen. Aber das kann er nicht.

Brian J. Karem (M.) bei einer Pressekonferenz.
Brian J. Karem (M.) bei einer Pressekonferenz.

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Könnte der Supreme Court Trump helfen, im Amt zu bleiben? Er setzt ja gerade alles daran, noch vor der Wahl seine konservative Mehrheit auszubauen.
Ich habe Vertrauen in das System, ich vertraue dem Supreme Court. Ich glaube nicht, dass die Richter ihm letzten Endes helfen würden, wiedergewählt zu werden. Sie würden sich für die Verfassung entscheiden.

Was muss denn Ihrer Meinung nach passieren, damit Trump die Wahl doch noch gewinnen könnte?
Trump könnte nur noch eine Chance haben, wenn Biden in den TV-Duellen versagt. Das ist der Grund, warum Trump momentan panisch wird. Er hat Angst zu verlieren. Deshalb will er auch die Anzahl an Wählern drücken, indem er die Briefwahl als unzulässig erklärt. Die einzigen Wähler, die für ihn zählen, sind alte, weiße Männer.

Sie haben in ihrem Tweet nach der Pressekonferenz auch geschrieben, dass er sich „für den Bürgerkrieg einsetzt“. In einem Tweet, den sie geteilt haben, nennt ihn Dena Grayson, eine in den USA bekannte Ärztin und Politikerin, einen „Möchtegern-Diktator“. Trifft es das für Sie?
Er ist ein Möchtegern-Vieles, er ist ein Möchtegern-Mensch. Kein Mensch, den ich jemals getroffen habe, hatte so wenig Empathie. Und ich habe bereits Serienmörder interviewt. Es ist sowohl lustig als auch traurig: Es ist lustig, weil ihn tatsächlich Leute gewählt haben, und es ist traurig, weil ihn eben diese Leute gewählt haben.

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Es war nicht das erste Mal, dass Sie Donald Trump kritisiert haben – er wollte Sie sogar schon mal aus dem Weißen Haus werfen lassen. Hat er Sie auch schon persönlich angegriffen?
Ja, er hat mich ein Großmaul genannt, aber das kümmert mich nicht. So ist er nun mal: ignorant, elitär und oberflächlich. Wenn er nicht Präsident wäre, würde er mir leidtun. Ich sehe in ihm einen verletzten Menschen, der unbedingt geliebt werden will. Er ist nicht in der Lage, Menschen um sich zu haben, die ihm dabei helfen, das zu erreichen, was er will. Weil am Ende des Tages braucht er immer alle Luft, die im Raum ist.

Sie sind nun schon seit vielen Jahren Reporter im Weißen Haus. Wie hat sich Ihre Arbeit geändert, seit Trump Präsident ist?
Es ist komplett anders als alles, was ich zuvor als Reporter gemacht habe. Es raubt dir viel Energie. Letztlich wäre es besser für alle, nicht über alles zu berichten, was er macht oder sagt. Doch er ist der Präsident – also müssen wir.

Das wird sich auch in den kommenden Monaten nicht ändern. Was glauben Sie: Wie weit würde Donald Trump gehen, um im Amt zu bleiben?
Ich denke, er wird das Weiße Haus am Ende doch verlassen. Er wird nicht wollen, schreien und sagen, dass die Wahl unfair war. Ich glaube sogar, letzten Endes wollte er nie Präsident sein – er mochte es nur, Kandidat zu sein. Er liebt es, Macht zu haben, aber den Job an sich nicht. Ich bin davon überzeugt, dass die Gefahr nicht von Donald Trump ausgeht, sondern von seinen Wählern. Sie werden schlimme Dinge tun.

Ist es das, was Sie mit „Bürgerkrieg“ meinen?
Ja, sowas in der Art. Es gibt ein paar extrem rechte Leute, die extrem rechte Dinge tun werden. Ich glaube nicht, dass es wirklich zu einem Bürgerkrieg kommt – aber wenn er geht, wird es sicherlich Gewalt geben. Aber das interessiert Trump nicht – und das meine ich. Donald Trump interessiert sich nur für Donald Trump.

Glauben Sie denn, dass Biden der richtige Präsident wäre?
Ich glaube, momentan wäre alles besser als Trump.

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