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Politik: Wirtschaft oder Menschenrechte?

Oppositionspolitiker kritisieren die Genehmigungspraxis für Rüstungsexporte in Problemgebiete

Berlin - Obwohl die rot-grüne Bundesregierung ihre Richtlinien für Rüstungsexporte in Nicht-Nato-Länder verschärft hat, sind die Ausfuhrgenehmigungen in eine Reihe problematischer Länder im Jahr 2003 deutlich gestiegen. So erhielten deutsche Firmen 2003 Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter im Wert von 43,67 Millionen Euro nach Saudi- Arabien, im Jahr zuvor waren es noch 26,52 Millionen gewesen. Besonders deutlich ist der Anstieg der Lieferungen nach Indonesien, was vor allem auf das Ende der Krise in Osttimor zurückzuführen sein dürfte. Allerdings kämpft die indonesische Armee bis heute in der Provinz Aceh gegen Rebellen. Die Genehmigungen stiegen im Jahr 2003 jedenfalls auf 17,1 Millionen Euro, 2002 hatten sie noch einen Wert von rund 225 000 Euro. Auffällig ist auch die Lieferung potenziell als Folterinstrument nutzbarer Waffen nach Botswana und Nicaragua. Das geht aus der „Übersicht über die erteilten Ausfuhrgenehmigungen“ des Wirtschaftsministeriums hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt.

Der FDP-Außenpolitiker Markus Löning kritisierte das Ausmaß der Genehmigungen. Er hält Lieferungen nach Saudi- Arabien oder Indonesien, wo „die Rüstungsgüter auch für die Repression im Innern verwendet werden können“ für „zumindest hinterfragenswert“, sagte er dem Tagesspiegel. Da die Regierung die Frage der Menschenrechte immer sehr hoch halte, sollte sie sich auch bei den Rüstungsexporten daran orientieren, findet Löning. Der CDU-Haushaltspolitiker Steffen Kampeter sagte: „Wenn man mit den Ausfuhrgenehmigungen Wirtschaftspolitik machen will, kann man nicht gleichzeitig Menschenrechtspolitik machen.“ Auch der CSU-Verteidigungsexperte Christian Schmidt sagte: „Das ist eine klassische Frage, bei der sich Anspruch und Wirklichkeit verfangen.“

SPD-Wehrexperte Gernot Erler wies dagegen darauf hin, dass in dem Bericht nicht von Lieferungen von Rüstungsgütern die Rede sei, sondern lediglich von Genehmigungen, deren Gesamtvolumen dem Haushaltsausschuss zur Information vorgelegt werde. Über die tatsächlichen Exporte gebe erst der Rüstungsexportbericht Auskunft, der „in Kürze“ im Kabinett vorgelegt wird, so Erler. Erst dann werde man sich im Verteidigungsausschuss „seriös“ mit den Zahlen auseinandersetzen können, sagte Erler dem Tagesspiegel.

Der Leiter des Berliner Informationszentrums für Transatlantische Sicherheit Ottfried Nassauer kritisierte die Berichtspraxis der Bundesregierung als „höchst intransparent“ und forderte eine bessere Vergleichbarkeit der Zahlen innerhalb der Europäischen Union. „Im Dunkeln lässt es sich gut munkeln“, sagte er dem Tagesspiegel.

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