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Politik: Wirtschaft will noch mehr Einschnitte bei der Gesundheit Arbeitgeber: Reformen reichen nicht für neue Jobs Aber Seehofer lobt Ministerin Schmidt

Berlin - Die deutsche Wirtschaft ist trotz deutlicher Überschüsse der gesetzlichen Krankenkassen im ersten Quartal 2004 enttäuscht von den bisherigen Resultaten der Gesundheitsreform. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sagte dem Tagesspiegel, die Reform reiche trotz richtiger Weichenstellungen „bei weitem nicht aus“.

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Berlin - Die deutsche Wirtschaft ist trotz deutlicher Überschüsse der gesetzlichen Krankenkassen im ersten Quartal 2004 enttäuscht von den bisherigen Resultaten der Gesundheitsreform. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sagte dem Tagesspiegel, die Reform reiche trotz richtiger Weichenstellungen „bei weitem nicht aus“. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) bestätigte, dass die Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung im ersten Quartal erstmals wieder einen Überschuss in Höhe von 950 Millionen Euro verbucht haben. Sie drängte deshalb erneut zu raschen Beitragssenkungen.

BDA-Präsident Hundt sagte: „Selbst wenn in den nächsten Quartalen Überschüsse in der gleichen Größenordnung erwirtschaftet werden, ergibt sich lediglich ein rechnerisches Beitragssatzsenkungspotenzial von etwa 0,5 Prozentpunkten.“ Allerdings müssten die Krankenkassen nach Vorgabe des Ministeriums einen Teil der Überschüsse zum Schuldenabbau und zum Auffüllen der Rücklagen verwenden. Nach Hundts Prognose sinkt der durchschnittliche Beitragssatz daher höchstens von 14,3 Prozent im Jahr 2003 auf etwa 14 Prozent Ende 2004. Das Beitragssatzziel der Regierung von 13,6 Prozent für 2004 im Jahresdurchschnitt werde „damit deutlich verfehlt“. Deshalb falle auch die Senkung der Personalzusatzkosten erheblich geringer aus, sagte Hundt. „Die Beschäftigungseffekte werden mager sein.“

Auch der Vorsitzende des Klinikärzteverbands Marburger Bund, Frank Ulrich Montgomery, sieht „keinen Anlass, der Ministerin zu gratulieren“. Mit der Gesundheitsreform hätten sich bislang keine Ausgaben verringert, die bisherigen Einsparungen beruhten fast ausschließlich auf Vorzieheffekten und den „heftigen Zuzahlungen der Patienten“. Wie Hundt bezweifelte auch Montgomery, dass die Kassen ihre Beiträge nun spürbar senken. „Die werden ein bisschen runtergehen, damit sie sich nicht die gute Laune der Ministerin verderben“, sagte der Verbandschef dem Tagesspiegel. „Nennenswerte Beitragssenkungen wird es nicht geben.“

Lob für die Reform gab es hingegen von Sozialpolitikern der beiden großen Parteien. Sowohl Schmidts Staatssekretärin Marion Caspers-Merk (SPD) als auch der CSU-Experte Horst Seehofer sagten zur Eröffnung des Hauptstadtkongresses „Medizin und Gesundheit“ in Berlin, die Reform zeige erste Wirkungen. Beide warnten allerdings vor zu viel Optimismus. Caspers-Merk kritisierte „deutlich zu hohe“ Verwaltungskosten bei den gesetzlichen Versicherungen und sagte: „Ich erwarte deutlichere Impulse der Kassen bei der Beitragssenkung“. Dieser Forderung schloss sich DGB-Vize Ursula Engelen-Kefer an. Die gute Finanzentwicklung sei von Versicherten und Patienten teuer erkauft und müsse deshalb schnellstmöglich an sie weitergegeben werden,

CSU-Vize Seehofer lobte Gesundheitsministerin Schmidt dafür, bei der Umsetzung des umstrittenen Gesetzes „nicht gewackelt zu haben“. Er forderte aber weitere Reformschritte zur Abschaffung von Monopolen in der Gesundheitsbranche, etwa bei den Apotheken. Auf dem Weg zu mehr Wettbewerb müsse „jetzt Kurs gehalten werden“, sagte er.

Beide Politiker warnten vor einem raschen Systemwechsel – ob hin zur Bürgerversicherung oder zur Kopfprämie. Sie sagten, dass ein solcher Schritt gründlich vorbereitet werden müsse.

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