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Sorgfältige Inszenierung. Putin sprach am Donnerstag vor fast 1400 Journalisten.

© Yuri Kochetkov/dpa

Wladimir Putins Jahrespressekonferenz: Lieblingsfeind Türkei

Russlands Präsident Putin rechnet mit Erdogan ab und gibt beiläufig zu, dass in der Ukraine russisches Militär präsent ist - wenn auch kein reguläres.

Die Lage in Syrien und Moskaus gespannte Beziehungen zur Türkei und zur Ukraine waren die großen Themen bei der Jahrespressekonferenz von Russlands Präsident Wladimir Putin am Donnerstag. Der Kremlchef hatte dieses Großereignis für die Medien vor elf Jahren als Institution auf den Weg gebracht, um auch den kleineren Zeitungen aus der Provinz die Möglichkeit zu verschaffen, Informationen aus erster Hand zu bekommen. Zwangsläufig dominierten daher bislang innenpolitische Themen.

Einzige Ausnahme: 2008. Nach dem Krieg mit Georgien im Südkaukasus brach Putins Pressekonferenz alle Rekorde zu Dauer und Teilnehmerzahl. Die gestrige dauerte zwar „nur“ drei Stunden und 26 Minuten, toppte mit insgesamt 1392 akkreditierten in- und ausländischen Journalisten jedoch den Rekord von 2008.

Abschuss war "feindlicher Akt"

Putin machte sich denn auch schon nach kurzer Manöverkritik zur russischen Wirtschaft – die Talsohle ist bereits durchschritten, die Stabilisierung hat begonnen – über seinen derzeitigen Lieblingsfeind her: die Türkei. Der Abschuss der russischen Militärmaschine im türkisch-syrischen Grenzgebiet Ende November, so Putin, sei kein unfreundlicher, sondern ein „feindlicher“ Akt. Russland betrachte die Türkei dennoch nicht als Feind, die Beziehungen hätten sich aber verschlechtert. Dabei habe er kurz vor dem Abschuss Ankara beim G-20-Gipfel im türkischen Antalya weitgehende Zugeständnisse bei der „Zusammenarbeit in sehr sensiblen Fragen“ gemacht. Nachfragen zu Details wagte niemand. Doch Putins weitere Ausführungen lassen vermuten, dass er seinem Amtskollegen Recep Tayyip Erdogan die Schonung der syrischen Turkmenen bei Angriffen der russischen Luftwaffe ebenso zusagte wie die Duldung des Einmarschs türkischer Truppen in die irakischen Kurdengebiete. Als dieser wenig später dann tatsächlich stattfand, hielt Moskau sich mit Kritik auffällig zurück.

Allein bei wirtschaftlichen Sanktionen, drohte Putin dann erneut, werde Moskau es nicht bewenden lassen. Dennoch werden einige Prestigeprojekte – wie das türkische Kernkraftwerk, das Russland bauen wollte, und die Pipeline Turkstream, die Südosteuropa über die Türkei und unter Umgehung der Ukraine mit russischen Gas versorgen sollte – offensichtlich weiterverfolgt. Putin will für die Gasleitung jedoch EU-Garantien für den Trassenverlauf.

Keine Bodentruppen in Syrien

Immer wieder gab es auch Fragen zu Syrien. Russland, so Putin, werde die Syrer bis zum Beginn des politischen Prozesses unterstützen. Moskau werde jedoch nie dulden, dass jemand dem syrischen Volk „von außen“ eine Regierung aufzwingt. Das habe er, Putin, auch US-Außenminister John Kerry Dienstag bei dessen Moskau-Besuch gesagt. Den Einsatz russischer Bodentruppen in Syrien schloss Putin erneut aus. Es werde nur Luftunterstützung für die Bodenoffensive der syrischen Armee geben. Russland hoffe dabei auf „effektive Zusammenarbeit“ mit der von Saudi-Arabien gegründeten islamischen Anti-Terror-Koalition.

Doch Militär in Ukraine

Die überraschendste Äußerung macht Putin zur Ostukraine. Anderthalb Jahre lang hat Moskau dementiert, die dortigen Separatisten militärisch zu unterstützen. Nun folgt ein halbes Eingeständnis: „Wir haben nicht gesagt, dass in der Ukraine keine Leute sind, die sich mit der Lösung bestimmter Aufgaben im militärischen Bereich beschäftigen.“ Es seien aber keine regulären russischen Truppen dort, versichert Putin. Nach der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim 2014 hatte er den Einsatz seiner Soldaten ähnlich scheibchenweise zugegeben. Zudem bestätigte er Spekulationen über den weiteren Ausbau der russischen Marinebasis in Sewastopol auf der Krim. Deren Annexion im März 2014 hatte die Ukrainekrise und die neue Eiszeit im Verhältnis des Westens zu Russland eingeleitet. Moskau, so Putin, sei nicht an einer Verschärfung des Konflikts in der Ostukraine interessiert, sondern an einem Kompromiss. Bisher täusche Kiew jedoch die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen nur vor und sei nicht bereit, die Interessen der prorussischen Bevölkerung zu berücksichtigen.

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