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Politik: Wo Symbolik zu Hause ist - Der erste Tag der Koalition lief vor allem für ÖVP-Chef Schüssel schlecht

Der Dienstag war ein historischer Tag für Österreich, und immer, wenn es historisch wird im Land, wird nicht mit Symbolen gegeizt. Also auch am Dienstag nicht.

Der Dienstag war ein historischer Tag für Österreich, und immer, wenn es historisch wird im Land, wird nicht mit Symbolen gegeizt. Also auch am Dienstag nicht. Wolfgang Schüssel, Chef der bürgerlichen Volkspartei und Außenminister auf dem Sprung ins Bundeskanzleramt, hatte für 13 Uhr zu einer Pressekonferenz geladen, um "aktuelle politische Fragen" zu besprechen. Was damit gemeint war, lag auf der Hand: Er wollte auf die Reaktionen des Auslands auf eine mögliche ÖVP-FPÖ-Koalition reagieren. Das Medieninteresse war so groß, dass Wolfgang Schüssel erstmals die routinemäßige PK nicht in seinem Besprechungszimmer gab, sondern - Symbol, Symbol - vor den Türen des Ministerrats-Saals, wo er kommende Woche einzuziehen gedenkt. Rasch hatte sein Pressesprecher noch eine Europafahne herbeigeschafft und Schüssel samt allen VP-Ministern vor dieser Flagge aufgestellt.

Gute Bilder für die Kamera. Die ganze Inszenierung hatte nur einen Haken: Schüssel hatte gerade einmal fünf Minuten gesprochen, da wurde das Gedränge der Journalisten so groß, dass ein Tontechniker mit einem Kreislaufkollaps zusammenklappte. Die Rettung musste gerufen werden, die PK war beendet. Symbolisch? Am Abend dann das gleiche Bild. Nach der abschließenden Gesprächsrunde zwischen ÖVP und FPÖ war zu einer Pressekonferenz von Schüssel und Haider ins Parlament eingeladen worden. Das Gespräch war für 18 Uhr anberaumt, doch es verschob sich Stunde um Stunde.

Gegen 22 Uhr trauten sich die beiden endlich vor die Kameras, und wieder war das Medienecho gewaltig: Das sogenannte Lokal 8 - von den Plenarsälen abgesehen der größte Raum im Parlament - war gerammelt voll, ein Stehplatz mit Aussicht nur mit einigen absichtlichen Ellbogenchecks zu ergattern. Schüssel hatte wieder vorgesorgt: Sein Pressesprecher hatte vor Jörg Haider eine kleine EU-Fahne plaziert. Wieder sehr symbolisch. Und doch war es für Wolfgang Schüssel, den Kanzler in spe, kein geglückter Auftritt. Er durfte das Eröffnungsstatement - "wir haben uns auf ein Reformprogramm geeinigt" - halten, aber sonst drehte sich alles nur um den Mann neben ihm. Einem Mann, der der nächsten Regierung noch nicht einmal angehören wird: Jörg Haider. Er wurde nach seiner Vergangenheit befragt, mit einigen Äußerungen wie etwa seiner Rede vor SS-Veteranen konfrontiert, er musste erklären, wie die FPÖ mit den internationalen Reaktionen fertig wird. Wirklich, symbolisch: Denn spätestens an diesem Abend war klar, wer der eigentliche Starke Mann der neuen Bundesregierung sein wird. Sicher nicht Wolfgang Schüssel.

Markus Huber

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