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Woche der Brüderlichkeit: Christen und Juden beschwören den Dialog

Zum Auftakt der "Woche der Brüderlichkeit" wurde der christlich-jüdische Dialog beschworen. Das Thema wird auch die Bischöfe bei ihrer Frühjahrstagung beschäftigen.

"Trostbrücke 4-6" lautete die Adresse, an der sich in Hamburg am Samstag Christen und Juden zu einer religiösen Zeremonie trafen. Es war die erste gemeinsame Feier, nachdem der Papst die reaktionäre und in Teilen antisemitische Piusbruderschaft rehabilitiert und damit die jüdischen Gemeinschaft schockiert hatte. Passend zur Adresse gab es viel Tröstendes zu hören bei den Veranstaltungen am Samstag und Sonntag, mit denen die Deutsche Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit die bundesweite "Woche der Brüderlichkeit" eröffnete. Ende Januar hatten jüdische Organisationen noch mit einem Boykott der "Woche der Brüderlichkeit" gedroht, nachdem bekannt geworden war, dass Benedikt XVI. den Traditionalisten und ihrem Bischof, dem Holocaustleugner Richard Williamson, entgegengekommen war.

"Ich stehe mit einer großen Unruhe vor Ihnen", bekannte Hamburgs Erzbischof Werner Thissen bei der jüdisch-christlichen Gemeinschaftsfeier. "Es könnte der Eindruck entstanden sein, dass zu den alten Wunden immer neue Verletzungen hinzukommen, gefährliche Lügen, schmerzliche Geschichtsvergessenheit." In seiner bewegenden Rede stellte der katholische Bischof klar, dass seine Kirche am "brüderlichen Gespräch" und an der Hoffnung auf Versöhnung festhalte, die sich in der Erklärung "Nostra Aetate" des Zweiten Vatikanischen Konzils ausdrückte. "Antisemitismus hat in der Kirche keinen Platz. Antisemitismus kommt einer Verhöhnung der gemeinsamen jüdisch-christlichen Hoffnung gleich."

Es gibt kein Zurück im Dialog

Auch der Mainzer Kardinal Karl Lehmann stellte am Sonntag noch einmal klar, dass es kein Zurück gebe hinter den christlich-jüdischen Dialog der vergangenen Jahre. Bundespräsident Horst Köhler betonte: "Wir dürfen nicht zulassen, dass Enttäuschungen wegwischen, was im jüdisch-christlichen Dialog in Jahrzehnten erreicht worden ist." Unsere jüdischen Freunde seien "tief verletzt worden von einem Verirrten und Verblendeten, dem der Vatikan die Hand ausgestreckt hatte".

Rabbiner Henry G. Brandt berührten die Worte sehr. Er ist der jüdische Vorsitzende des Koordinierungsrates der Deutschen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, die die "Woche der Brüderlichkeit" seit 60 Jahren ausrichtet. Schon der "geharnischte Protest" so vieler habe ihm in den vergangenen Wochen glaubhaft versichert, dass die deutschen Christen fest an der Seite ihrer jüdischen Schwestern und Brüder stehen. Die Feierlichkeiten am Samstag und Sonntag haben seinen Eindruck verstärkt. "Das christlich-jüdische Gespräch in Deutschland verläuft in guten Bahnen", sagte er am Sonntagnachmittag.

Am heutigen Montag trifft sich Rabbiner Brandt als Vertreter der Deutschen Rabbinerkonferenz gleich wieder mit Bischöfen. Es ist ein turnusmäßiges Treffen, aber auch hier wird es natürlich um die Piusbruderschaft gehen.

Bayrische Bischöfe verteidigen den Papst

Die Piusbrüder werden auch die 68 deutschen Bischöfe und Weihbischöfe beschäftigen, wenn sie am heutigen Montag zu ihrer Frühjahrstagung zusammenkommen, ebenfalls in Hamburg. Eigentlich sollte es bei dem viertägigen Treffen um die Wirtschaftskrise gehen, um Qualitätskriterien für katholische Schulen und die "Schönheit der Heiligen Messe". Aus aktuellem Anlass wurde nun auch eine Debatte über die Piusbrüder aufs Programm gesetzt. Denn in der Art und Weise, wie die katholischen Oberhirten in den vergangenen Wochen mit dem Thema umgegangen sind, hat sich gezeigt, wie gespalten die Deutsche Bischofskonferenz ist.

Vor allem Bischöfe im nördlichen Teil Deutschlands, aber auch Bischof Fürst in Stuttgart und Kardinal Lehmann in Mainz hatten sich über die Piusbrüder empört und erklärt, dass die Einheit der katholischen Kirche nicht mit allzu großen Zugeständnissen an die Traditionalisten erreicht werden dürfe. Die Hamburger Bischöfe hatten dem Vatikan gar "Schlamperei" vorgeworfen. Und Berlins Kardinal Sterzinsky hatte die "erneute Prüfung des Vorgangs" im Vatikan gefordert.

Die bayerischen Bischöfe hingegen verteidigten den Papst und beeilten sich, ihm ihre "unverbrüchliche" Solidarität zu bekunden. Sie hätten sich bemüht, "die zum Teil sehr einseitigen Darstellungen in den Medien zu korrigieren und zu einer sachlichen Diskussion beizutragen". Was das bedeutete, bekamen Theologen im Einflussbereich des Regensburger Bischofs Gerhard Ludwig Müller zu spüren: Den Unterzeichnern eines Protestbriefes gegen die Rehabilitierung der Piusbrüder drohte er mit Entzug der Lehrerlaubnis. Und bis vor zwei Tagen stand auf der Internetseite seines Bistums ein Text, in dem sein Bischofskollege Kardinal Lehmann als "Karnevalist" verspottet wurde, der "nicht kapiert" habe, welche Autorität der Papst habe. Erzbischof Robert Zollitsch, der Vorsitzende der Bischofskonferenz, wird es diese Woche mit seinen Bemühungen um ein einheitliches Profil der Bischöfe noch schwerer haben als sonst.

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