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Politik: Wofür Schröder sich nun die Mehrheit suchen muss - eine Übersicht über aktuelle Vorhaben

Jetzt wollen sie aufeinander zugehen. Der designierte SPD-Generalsekretär Franz Müntefering zeigt Verständigungsbereitschaft.

Jetzt wollen sie aufeinander zugehen. Der designierte SPD-Generalsekretär Franz Müntefering zeigt Verständigungsbereitschaft. Der sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) fordert sogar direkt Verhandlungen beim Sparpaket ein, denn: "Sonst läuft das vor die Wand." Die Opposition fühlt sich im Aufwind. Durch die Wahl in Thüringen wächst der Unionsblock (samt FDP-Beteiligung in Koalitionsregierungen) im Bundesrat um vier auf 28 Stimmen, Rot-Grün kommt nur auf 26 Stimmen. Der Rest entfällt auf den neutralen Block, zu dem die Länder mit großen Koalitionen und die sozialliberale Regierung in Rheinland-Pfalz gehören. Für die Mehrheit in der Länderkammer sind 35 Stimmen nötig. Kanzler Gerhard Schröder (SPD) muss also um Stimmen aus CDU-Ländern werben. Oder werden Sparpaket und andere Vorhaben, wie die Gesundheitsreform, jetzt zerstückelt, um den Bundesrat zu umgehen? Das könnte dann so aussehen:

Zustimmungsbedürftig

Haushaltssanierungsgesetz. Das ist der Kern des Sparpakets. Ein Werk von 200 Seiten, mit dem über 30 verschiedene Gesetze, wie zur Sozialhilfe oder Rente, geändert werden. Viele der geänderten Gesetze sind "Zustimmungsgesetze", sie treten also nur in Kraft, wenn der Bundesrat sie absegnet. Bei anderen hingegen ist die Zustimmungspflicht umstritten. Dann prüft die Länderkammer nach Verabschiedung der Gesetze, inwieweit ihre Interessen berührt sind. Sie hat dafür drei Kriterien: Ein Gesetz greift in die Verwaltungshoheit der Länder ein, es betrifft das gemeinsame Steueraufkommen von Bund und Ländern, oder den Ländern werden zusätzliche finanzielle Lasten aufgebürdet. Im Finanzministerium selbst beziffert man das zustimmungspflichtige Volumen auf etwa fünf bis sechs der 30 Milliarden Mark. Zu dieser Rechnung zählen vor allem die Pläne zur Familienförderung, zum Wohngeld und zur Arbeitslosenhilfe.

Familienförderung. Dabei will die Koalition vom Jahr 2000 an das Kindergeld um 20 Mark auf 270 Mark anheben. Außerdem gibt es einen zusätzlichen Kinderbetreuungsfreibetrag, so dass der gesamte Kinderfreibetrag auf 10 000 Mark steigt. Da die Länder das Kindergeld mitfinanzieren, müssen sie zustimmen. Im kommenden Jahr befürchten sie bereits zusätzliche Lasten von 4,7 Milliarden Mark. Allerdings: Die Länder können sich dem Vorhaben kaum verweigern, denn Berlin setzt nur einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts um. So fordern die Länder einen finanziellen Ausgleich anderweitig.

Wohngeld. Der Bund will beim so genannten pauschalierten Wohngeld kürzen. Das ist eine besondere Form des Wohngeldes für Sozialhilfe-Empfänger und Kriegsopfer. Bislang teilten sich Bund, Länder und Gemeinden diese Ausgaben. Jetzt will sich Finanzminister Hans Eichel (SPD) zurückziehen und 2,4 Milliarden Mark kürzen. Als Kompensation sollen die Bezüge der Beamten nur um die Inflationsrate steigen. Den Ländern reicht dies nicht.

Arbeitslosenhilfe. Der Bund will die so genannte originäre Arbeitslosenhilfe streichen, damit werden besondere Gruppen wie Zeitsoldaten oder Referendare unterstützt. Die Kommunen befürchten, dass sie dann mehr für die Sozialhilfe zahlen müssten. Von 600 Millionen Mark pro Jahr ist die Rede.

Steuerbereinigungsgesetz. Dies umfasst einen dicken Brocken von Steuerrechtsänderungen, unter anderem auch Änderungen zur Einkommensteuer. Da sie teilweise den Ländern zufließt, müssen sie zustimmen.

Unternehmensteuerreform. Auch dabei ist die Einkommensteuer berührt. Bekanntlich plant Rot-Grün einen einheitlichen Unternehmensteuersatz von 25 Prozent - egal ob es sich um eine Personengesellschaft oder eine Aktiengesellschaft handelt.

Gesundheitsreform. Ministerin Andrea Fischer beabsichtigt, das Gesundheitswesen auf mehreren Wegen zu sanieren. Sie will den Hausarzt stärken, den Ausgabenzuwachs durch eine Vorgabe (Globalbudget) begrenzen, eine Positivliste für erstattungsfähige Arzneien einführen und die Finanzierung des Kliniksektors neu ordnen. Da die Länder für die Planung und Investitionen der Krankenhäuser bislang zuständig sind, müssen sie zustimmen.

Nicht zustimmungsbedürftig

Rente. Ohne das Plazet der Länderkammer könnte Eichel aller Voraussicht nach bei den Vorhaben Rente und Ökosteuer auskommen. Der Finanzminister will die Rente in den kommenden zwei Jahren nur gemäss der Inflationsrate von 0,7 und 1,6 Prozent anheben. Die nettolohnbezogene Rentenerhöhung, wonach die Renten ähnlich wie die Nettolöhne steigen, wird für zwei Jahre ausgesetzt.

Ökosteuer. Der Bund will die Mineralölsteuer auf Benzin und Diesel von 2000 an in vier Jahren um je sechs Pfennig erhöhen. Strom soll sich ebenfalls um jeweils 0,5 Pfennig pro Kilowattstunde verteuern. Da die Einnahmen dem Bund zufließen, ist er nicht auf die Zustimmung des Bundesrats angewiesen.

Andreas Hoffmann

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