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Politik: Worte zählen nicht

Die Zeit der Diplomatie ist vorerst vorbei – UN-Generalsekretär Kofi Annan muss warten

Leicht kann man in letzter Zeit den Eindruck gewinnen, von Kofi Annan, dem Mann der leisen Töne, sei nun gar nichts mehr zu hören: kaum eine Stellungnahme des UN-Generalsekretärs zum Irak-Krieg der Amerikaner, kaum ein Kommentar zu den vorangegangenen Machtkämpfen im UN-Sicherheitsrat. Will der Optimist Annan den Pessimisten in vielen Ländern, die die UN in Bedeutungslosigkeit versinken sehen, nichts erwidern?

Doch, er tut es. Allerdings in diplomatischer Zurückhaltung. Oder soll es nicht als verhaltene Kritik an den USA zu deuten sein, wenn er sagt, die Welt wolle „Macht durch Legitimität gezügelt“ sehen? Die Welt wolle, sagt er, dass ihre Regierungen bei den Vereinten Nationen zusammenkämen und die gemeinsamen Probleme auch gemeinsam lösten. Er muss die USA mit keinem Wort erwähnen, um klar zu machen, wer der Adressat seiner Botschaft ist: die Amerikaner. Jene Macht, die ihn 1997 für das Amt des UN-Generalsekretärs vorgeschlagen hatte.

Der diplomatische Spagat zeigt: Kofi Annan hat den „unmöglichsten Job der Welt“– das sagt er auch selbst. 191 Arbeitgeber beschäftigen ihn, die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen. Für alle soll er sprechen und im Namen aller für die „Aufrechterhaltung von Frieden und Sicherheit“ sorgen, wie es ihm die UN-Charta auferlegt. Ein ohnehin schon wenig fassbarer Auftrag. Erschwert wird er noch dadurch, dass der 65 Jahre alte Ghanaer zwar große moralische Autorität, aber wenig wirkliche Macht hat. Der Vollblut-Diplomat muss oft genug allein auf die Kraft seiner Worte setzen.

Dies tut er auch im Disput mit den Amerikanern. Denn die handeln nicht zum ersten Mal ohne eine ausdrückliche Legitimation der Völkergemeinschaft. Auch bei dem Vier-Tage-Bombardement des Irak im Dezember 1998 zusammen mit den Briten fehlte ein entsprechendes UN-Mandat. Vor Beginn der sogenannten „Desert Fox“-Operation hatte Kofi Annan damals noch erfolgreich verhandelt. Im Februar 1998 reiste er zu Saddam Hussein, um über den Zugang der UN-Waffeninspekteure zu den Palästen des irakischen Dikatators zu sprechen. Saddam Hussein willigte ein, und Kofi Annan wurde gefeiert, weil er einen neuen Krieg am Golf verhindert hatte.

Diesmal konnte er es nicht. Die USA haben die Vereinten Nationen einmal mehr übergangen. Kofi Annan kann nur auf die Zeit nach dem Krieg hoffen. Wenn Diplomatie wieder gefragt ist.

Sebastian Feuss

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