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Politik: Wowereit gegen Steinbrücks Plan für eine „Überregierung“

Bei der Vermeidung von Haushaltsnotlagen soll die Eigenstaatlichkeit der Länder auch nach der Föderalismusreform gewahrt bleiben

Berlin - Klaus Wowereit geht in Sachen Schuldenbegrenzung auf Gegenkurs zu Peer Steinbrück. Der Berliner Regierende Bürgermeister lehnt das Verfahren zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen ab, das der Bundesfinanzminister für die Verhandlungen in der Föderalismuskommission ausgearbeitet hat. In einem Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt, hat Wowereit seine Bedenken aufgelistet.

Steinbrück möchte einen mächtigen Stabilitätsrat schaffen, in dem die Finanzminister sitzen und der als Kontrollorgan über die Haushaltsentwicklung in Bund und Ländern wacht. Stellt der Rat fest, dass einem Land eine Notlage droht (vom Bund ist bei Steinbrück nicht die Rede), kann er mit zwei Dritteln der Stimmen ein Verfahren einleiten, dessen Ziel es ist, mit dem Notlageland ein Sanierungsprogramm auszuarbeiten. Kommt das Land seinen Verpflichtungen nicht nach, soll der Stabilitätsrat „blaue Briefe“ verschicken. Nützt das nichts, soll der Stabilitätsrat über ein Bundesgesetz Sanktionsmaßnahmen gegen das Land erwirken können – etwa durch höhere Steuern oder niedrigere Leistungen als im Bundesstandard.

Berlin geht das zu weit. Zwar lehnt man ein Aufsichtsgremium von Bund und Ländern nicht ab. Doch heißt es im Papier der Senatskanzlei: „Der Stabilitätsrat kann aus Gründen des Demokratie- und des Bundesstaatsprinzips keine gesamtstaatliche Überregierung sein.“

Sanktionsbefugnisse wie im Steinbrück-Plan will man in Berlin nicht. Wowereit möchte – wie mittlerweile alle Ministerpräsidenten – eine Grundgesetzvorschrift, wonach die Haushalte von Bund und Ländern „in der Regel ohne Einnahmen aus Krediten über einen mehrjährigen Zeitraum auszugleichen“ seien. Nur bei außergewöhnlichen Ereignissen soll davon abgewichen werden können. Der Stabilitätsrat soll auch darüber wachen, dass dies eingehalten wird. Doch über Analysen, Berichte und gegebenenfalls auch die Klagemöglichkeit beim Bundesverfassungsgericht hinaus sollen der Rat oder der Bund keine Einflussmöglichkeiten bekommen. „Naming and shaming“, also das Benennen von Verstößen in der Absicht, das jeweilige Land oder den Bund in der Öffentlichkeit als Schuldensünder bloßzustellen, sollen genügen.

Zudem plädiert Wowereit dafür, die Grundgesetzverpflichtung zur Nullverschuldung möglichst flexibel zu gestalten. Auch will Berlin keine einheitlichen Regelungen für den Bund und alle Länder, wie diese Nullverschuldung über einen mehrjährigen Zeitraum konkret erreicht wird. Gesamtstaatlich verbindliche Regeln für eine „Schuldenbremse“ seien entbehrlich, das könnten Bund und Länder im Detail jeweils für sich regeln, heißt es.

Entscheidend ist für Wowereit das gemeinsame Ziel – den Weg soll jeder selbst wählen. Alles andere wäre „mit der Eigenstaatlichkeit der Länder und der Budgethoheit der Parlamente jedenfalls politisch nur schwer zu vereinbaren“.

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