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Politik: Wundersame Mitglieder-Vermehrung

Alewiten und Aramäer treten massenhaft in Hamburger CDU ein / Innerparteiliche Machtspiele?

Alewiten und Aramäer bringen die Hamburger CDU in die Schlagzeilen. Bei Masseneintritten in den vergangenen Wochen stellt sich die Frage, ob alles mit rechten Dingen zuging. Ferner gibt es diskussionswürdige Mitgliedsübertritte innerhalb von Kreisverbänden. Die Aramäer sind eine christliche Minderheit aus der Türkei oder Syrien, die Alawiten eine muslimische Gruppierung mit einer Nähe zu den Schiiten.

Hintergrund der Mitgliederbewegungen sind die alle zwei Jahre stattfindenden Wahlen in den Ortsverbänden (OV). Diese Wahlen stehen nun wieder ab der kommenden Woche im gesamten Stadtgebiet an. Zur Abstimmung zugelassen sind nur Mitglieder, die bis zum 1. Dezember 2005 ordnungsgemäß registriert worden sind. Und gerade darüber ist jetzt eine heftige Debatte entbrannt. Innerhalb einzelner Kreisverbände war zu beobachten, dass angeschlossene Ortsverbände sich offenbar bemühten, sich machtpolitisch in Stellung zu bringen. Auslöser dieses Gebarens war der OV Finkenwerder, der im November plötzlich 204 Neueintritte meldete. Die bisherige Ortsverbandsstärke lag bei 78 Mitgliedern. Auffällig: Bei den Neuen handelte es sich meist um Muslime alewitischen Glaubens. An der Spitze des OV Finkenwerder steht der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Heiko Hecht. Durch die Neumitglieder hätte sich die Delegiertenzahl des OV von drei auf acht auf Kreisebene erhöht und Hechts politisches Gewicht wäre innerparteilich gestärkt.

Doch parteiintern wurde dies gestoppt und eine Prüfung veranlasst. Dabei stellte sich heraus, dass fast keiner der Angeworbenen in Finkenwerder wohnt oder dort arbeitet. Dies wird aber von der CDU-Landessatzung vorgeschrieben. Einige der Beitrittswilligen waren nicht einmal in Hamburg gemeldet. Angesprochen auf die Auffälligkeit, dass viele der Neuen einen türkischen Namen haben, meinte Hecht, er habe sich mehrfach in der alewitischen Gemeinde des Stadtteils Altona vorgestellt. Er sehe das Interesse an seinem OV darin begründet, dass er persönlich sich erfolgreich für Integrationsbelange eingesetzt habe. Hecht gab zu, dass wohl ein Kaufmann aus der Innenstadt (Hecht: „Ein Sympathisant“) auf Mitgliederakquise gegangen sei. Die Neuanträge will er jedenfalls nicht zu sehen bekommen haben. CDU-Landeschef Dirk Fischer bestellte Hecht am Montag zum Rapport, denn ihm liegen Informationen vor, dass die Anträge der ominösen Neumitglieder doch über Hechts Schreibtisch gelaufen sind.

Doch die CDU-Mitgliederaffäre zieht weitere Kreise. Aus dem Ortsverband Billstedt ist von 89 neuen Mitgliedern zu hören, fast durchweg türkischstämmige Aramäer. Dort will David Erkalp, selbst Aramäer, gegen den amtierenden Ortsvorsitzenden kandidieren. Schlammschlacht um Mitglieder auch andernorts: Zum Stichtag meldete der Ortsverband Jenfeld beispielsweise 152 Mitglieder – ein Plus von 52. Davon kommen nach den Angaben des Vorsitzenden Alexander-Martin Sardina aus dem Ortsverband Horn 41.

Und bei den Abwerbemethoden für Übertritte oder bei Neu-Werbungen geht man in der Partei offenbar nicht zimperlich um. So sollen CDU-Bundeswehrangehörige während der Dienstzeit auf dem Militärgelände der Horner Hanseaten-Kaserne Mitglieder geworben haben. Der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Sardina fragt denn auch nach der Rechtmäßigkeit von politischer Betätigung im Dienst. Laut Wehrstrafgesetzbuch ist sie untersagt.

Dieter Hanisch[Hamburg]

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